MODERNES THEATER
: Einer ist überfordert

Die Zuschauertribüne ist so steil wie im Westfalenstadion

Wir gehen ins Theater. Irgendwas Experimentelles im HAU 3. Im HAU 2 müssen wir uns erklären lassen, wo das HAU 3 ist. „Wenn wir das HAU 3 nicht finden, können wir immer noch zu Thomas Meinecke gehen“, sage ich aus Spaß. Thomas Meinecke ist groß im HAU 2 angekündigt. Damit soll es gut sein mit dem Werbespot fürs HAU.

Die Zuschauertribüne des HAU 3 ist so steil wie im Westfalenstadion, was ich sehr gut finde. Die Sicht auf die Bühne ist prima. Und die ist fast so groß wie ein Fußballfeld. Wir werden von drei Schauspielern mit großen Tierköpfen begrüßt, bzw. diese gucken gestenreich zu, wie sich die Zuschauer auf die Sitze verteilen, sie heben entschuldigend die Hände, deuten irgendwohin und tun so, als würden sie sich fragen, was tun die eigentlich alle da. Ich denke kurz an Thomas Meinecke.

Ein Schauspieler verrät zu Beginn die Handlung und erzählt recht ausführlich, worum es geht. Trotzdem verstehe ich das Stück nicht. Einige reden Deutsch, die anderen Portugiesisch. Wenn Portugiesisch gesprochen wird, dann erscheint die Übersetzung oben auf einer großen Pappwand, hinter der die Schauspieler ab und zu verschwinden. Man muss schnell lesen, wenn man alles mitbekommen will, kriegt dann aber nichts vom Schauspiel mit. Das besteht hauptsächlich darin, dass die Schauspieler die gesamte Spielfläche nutzen, indem sie viel hin und her laufen. Wie im modernen Profifußball. Ein richtiges Action-Theater mit Action-Painting und sogar einem Action-Kampf. Dabei halten sich die Schauspieler häufig eine Maske vor das Gesicht, grobe S/W-Reproduktionen von Merkel, Brecht, Che Guevara, Hitler und Marighella, was ich aber nur weiß, weil ein Schauspieler ein Namensschild schwenkt. Das Stück ist was Unvollendetes von Brecht mit dem Titel „Fatzer“. Der Name gefällt mir.

KLAUS BITTERMANN