„Die Bahn hat sich entschuldigt“

BAHN Jörg Kiehn von der Odeg über Schneezäune, Antriebssysteme und Ausschreibungen

■ 39, begann seine Karriere bei der Deutschen Bahn AG, seit 2004 arbeitet Kiehn für die Odeg. Dort ist er einer der Geschäftsführer.

taz: Herr Kiehn, die S-Bahn hat kapituliert. Wie geht es der Ostdeutschen Eisenbahn (Odeg)?

Jörg Kiehn: Wir haben kaum Probleme, die auf uns selbst zurückzuführen sind, aber solche, die mit der Infrastruktur zu tun haben. Die gehört der DB Netz.

Zum Beispiel?

In der Lausitz ist einer unserer Triebwagen in einer Schneewehe stecken geblieben – mehr als zehn Stunden lang. Das ist bitter: Auf der Straße fährt nicht viel und auf der Schiene fährt jetzt auch nichts.

Hat Sie überrascht, dass die Probleme bei der DB so groß sind?

Ich habe es befürchtet nach dem vergangenen Winter. Wir haben die DB Netz darum gebeten, präventiv Maßnahmen zu ergreifen – etwa Schneezäune aufzustellen. Als dann am 1. und 2. Dezember der erste Schnee kam und wir gesehen haben, es wurde nichts gemacht, stand zu befürchten, dass es auf denselben Abschnitten wieder zu Schneeverwehungen kommen würde.

Eigentlich lösbare Probleme.

Und ohne riesige Investitionen! Schneezäune kosten nicht viel.

Wie gehen Sie damit um?

Wir haben kaum Möglichkeiten, gegen Mängel in der Infrastruktur effektiv vorzugehen. Wir können nur Ersatzverkehr organisieren mit Bussen oder Taxis.

Was macht die Odeg denn technisch besser?

Ich kenne die Ursachen im Vergleich nicht. Unsere Fahrzeuge sind Dieselfahrzeuge, die haben ganz andere Antriebsaggregate. Wir bemühen uns im Vorfeld auch um Maßnahmen, die Störungen an den Türen vorbeugen.

Haben Sie mehr Personal?

Absolut sicher nicht, relativ fehlt mir die Vergleichsbasis.

Was ist mit der Wartung ?

Alle sechs Wochen ungefähr ist ein Triebwagen von uns planmäßig in der Werkstatt, und im Winter werden die Türen mit einem entsprechenden Stoff behandelt.

Sie lassen Ihre Züge von anderen Firmen bauen.

Ja. Aber auch die Prignitzer Eisenbahn fährt mit Bombardier-Zügen. Dort sind mir keine größeren Probleme bekannt.

Das Gespräch wird unterbrochen, der Chef von DB Netz ruft an. Es soll um die Schneezäune gehen. Nach einer knappen halben Stunde kommt Kiehn zurück.

Und?

Wir haben einige Dinge besprochen, man hat sich entschuldigt. Es gab aber auch die Erkenntnis, dass man nicht kurzfristig gegensteuern kann.

Warum hat die DB Netz nicht wie gefordert vor dem Winter Schneezäune aufgestellt?

Ich denke, das ist der komplexen Struktur DB AG geschuldet.

Wo spart die Odeg denn, finanziell und an Bürokratie?

Es gibt nicht für jede Thematik einen Experten, wir haben mehr Generalisten. Wir planen auch effizienter. Unterm Strich können wir günstiger kalkulieren.

Sie sitzen auf mehrere Wohnungen verteilt in einem herkömmlichen Lichtenberger Mietshaus – gehört auch dieser Pragmatismus zur Odeg dazu?

Unterm Strich ist es preiswerter, das stimmt. Wir werden aber in Kürze umziehen – da wir die Ausschreibungen für vier Berliner und Brandenburger Strecken gewonnen haben, kommen einige neue Mitarbeiter hinzu, wir brauchen mehr Platz.

Sie meinen die Verbindungen Jüterbog–Wismar und Cottbus–Stendal, die Sie ab 2012 bedienen. Wären Sie auch an Teilen der S-Bahn interessiert?

Grundsätzlich ja. Aber wir schauen uns jede Ausschreibung zuerst genau an und entscheiden dann über eine Teilnahme.

Was wäre günstiger: ein eigener Fuhrpark oder Landeswagen?

Wir haben bisher unsere Züge selbst beschafft. INTERVIEW: KRISTINA PEZZEI