Ehrenamtlich, aber nicht umsonst

Ohne die freiwillige Arbeit der Fachschaften wäre Studieren schwieriger. Trotzdem müssen Fachschafter um Anerkennung ihrer Arbeit kämpfen. Als erste Hochschule in NRW gewährt ihnen die Uni Bonn rückwirkend zwei Semester ohne Studiengebühren

VON DIRK ECKERT

Ohne sie wäre das Campusleben entschieden langweiliger. Kein Kennenlernabend, keine Semesterfete könnte stattfinden, gäbe es an den Hochschulen nicht diese besondere Spezies von Studierenden: die Fachschafter. Ohne jede finanzielle Vergütung schuften sie für ihre Mitstudis, treffen sich mit Professoren und dem Institut oder vertreten ihre Kommilitonen in den Gremien der Hochschule.

All das macht die Arbeit der Fachschaften besonders wertvoll. Nur – wie viel wert ist sie genau? Seit es in Nordrhein-Westfalen Studiengebühren gibt, stellt sich diese Frage dringender denn je. Denn wer sich ehrenamtlich engagiert, verliert kostbare Zeit. Seit Rot-Grün 2004 mit den Studienkonten de facto die ersten Studiengebühren für Langzeitstudierende eingeführt hat, kommt das ehrenamtliche Engagement deswegen doppelt teuer.

Das musste zum Beispiel Timo van Treeck erleben. Der heute 31-jährige bezahlte ab 2004 Studiengebühren, weil er schon im 16. Semester war. Dass er noch studierte, lag auch an seiner Fachschaftsarbeit: Von 2000 bis 2003 war er im Fachschaftsrat Germanistik der Heinrich-Heine-Uni in Düsseldorf aktiv. Doch nicht ein einziges Semester bekam er dafür auf sein Studienkonto angerechnet. Im rot-grünen Studienkontengesetz war eine Gebührenbefreiung nur für die vorgesehen, die in „Organen“ der Studierendenschaft sind. Als solche gelten etwa Allgemeiner Studierendenausschuss (AStA) und Studierendenparlament, nicht aber Fachschaften.

Timo van Treeck hat inzwischen sein Studium beendet. Abfinden will er sich aber nicht damit, dass er für seine Engagement finanziell bestraft wurde. Er hat die Uni Düsseldorf verklagt. Zuletzt hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf seine Klage abgewiesen, demnächst wird sich das Oberwaltungsgericht in Münster mit dem Fall beschäftigen.

Dass es auch ohne Gerichtsverfahren geht, zeigt dieser Tage die Uni Bonn. Wie der dortige AStA am Dienstag mitteilte, hat sich die Unileitung entschlossen, für Fachschaftsarbeit bis zu zwei Bonussemester anzuerkennen, und zwar auch rückwirkend ab 2004. „Die Uni hat eingesehen, dass diese Arbeit wichtig ist“, freut sich AStA-Sprecher Hauke Feickert. „Ich bin mir sicher, dass sich auch andere dieser Regelung anschließen werden.“

Nach Informationen der NRW-ASten ist die Bonner Uni bislang die einzige, die sich für eine solche Regelung entschieden hat. Wilhelm Achelpöhler, der Anwalt von Timo van Treeck, begrüßt das Bonner Vorgehen. „Das zeigt, dass es auch anders geht. Wenn sich alle Hochschulen ein Beispiel daran nehmen würden, könnte das Gerichtsverfahren beendet werden.“

Insgesamt ist unter der derzeitigen CDU-FDP-Landesregierung Fachschaftsarbeit wieder besser gestellt als unter der rot-grünen Vorgängerregierung. Zwar müssen auch Fachschafter, wie alle Studierenden, die neuen allgemeinen Studiengebühren von 500 Euro bezahlen, die spätestens ab dem nächsten Sommersemester an fast allen Hochschulen verlangt werden. Allerdings können sie für ihre freiwillige Arbeit Freisemester beantragen. Dass das vorher nicht ging, sei ein „Armutszeugnis für Rot-Grün“, meint Achelpöhler.

Wie viele Freisemester es in Zukunft für Fachschaftsarbeit gibt, ist Sache der Hochschulen. In der Regel werden es ein bis zwei Semester sein. An der RWTH Aachen wird die Zahl der Freisemester auf vier begrenzt, an der Universität Köln auf maximal drei. Noch detailliertere Regelungen haben zum Beispiel die Universitäten in Düsseldorf und Bielefeld erlassen. So bekommen in Bielefeld „Fachschaftsvorsitzende“, AStA-Vorsitzende und Referenten für ein nachgewiesenes Semester Arbeit ein Freisemester. Wer „nur“ ordentliches Mitglied im Parlament ist, bekommt nur ein halbes Semester.

An der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Uni, wo Timo van Treeck studiert hatte, sind maximal drei Freisemester vorgesehen. Dabei muss ein Fachschafter für ein Semester Arbeit keine Gebühren zahlen, ein Studi-Abgeordneter aber die Hälfte des üblichen Satzes. Damit gehe die Heine-Uni – richtigerweise – davon aus, dass Fachschafter doppelt so viel leisten wie studentische Abgeordnete, argumentieren Timo van Treeck und sein Rechtsanwalt Achelpöhler. Grund genug für sie, den Rechtsweg voll auszuschöpfen.