Backen dürfen nur für die Großen

Nach den Klassen müssten auch die Kita-Gruppen wieder kleiner werden, fordern Eltern und Gewerkschaft. Die CDU hat das nicht vor, während GAL und SPD Versprechungen machen

von Kaija Kutter

In der Kita ihres Sohnes ist es „ganz schön voll“, findet Birgit Hartmann. Seit der Senat im Januar 2005 die Personalschlüssel kürzte, kümmern sich dort zwei fest angestellte Erzieherinnen um 25 und manchmal „sogar mehr“ Kinder. Für ihren vierjährigen Sohn Timon bedeute dies, dass ihm weniger Anregungen geboten würden als seiner älteren Schwester vor vier Jahren.

Machen die Vorschulkinder Ausflüge, wird die Gruppe geteilt. Timon muss dann „bei den Kleinen bleiben“. Und duftet es in der Kita nach Keksen, antwortet er auf die Frage, ob er gebacken habe: „Ich nicht, nur die Großen“. Das seien „so Kleinigkeiten“, an denen sie den Unterschied zum alten Kita-System merke. „Meine Tochter Ella hat in ihrer Kita oft gebacken. Dort wurde viel mehr unternommen“. Dort waren 15 Kinder in der Gruppe.

Das Perfide ist: In größeren Kitas gibt es die klassischen „Gruppen“ kaum mehr. Deshalb zeigt sich die Verschlechterung nicht so plastisch wie bei Grundschulklassen mit 30 Kindern. Die Kinder bringen mit ihrem Gutschein, je nach bewilligtem Umfang, Geld für ein paar Erzieherwochenstunden mit ins Haus. Das sind bei Timons Elementarplatz beispielsweise heute 3,91 Stunden statt vormals 4,4 Stunden. Die Kitas können theoretisch unbegrenzt Gutscheine annehmen, sofern sie eine Quadratmeterzahl pro Kind einhalten. Und weil sie Rücklagen für Krisenzeiten bilden müssen, sind sie auch nur verpflichtet, 90 Prozent dieser Stunden beim Kind ankommen zu lassen. „Ein Problem ist, dass einige Kitas davon noch mal die Krankheitsausfälle abziehen“, sagt GEW-Fachsprecher Jens Kastner.

Auch organisieren heute viele Kitas die Tage „offen“, was den Vorzug hat, dass die Kinder frei zwischen Toberaum und Malwerkstatt durchs Haus ziehen und den Nachteil, dass die tatsächliche Betreuungslage für die Eltern schwer zu überblicken ist. So erfuhr der Vater Moritz Herbst eher zufällig von einer Erzieherin, dass seine Tochter in ihrer Winterhuder Kita um die Mittagszeit sich nur zwei Erzieherinnen mit 34 Kindern teilt. Er meldete sie ab.

„So einem Fall würde die Heimaufsicht umgehend nachgehen“, verspricht Sozialbehördensprecher Rico Schmidt. Als Dauerzustand seien 35 Kinder „nicht zulässig“. In Behörde und CDU-Fraktion sind die Betreuungsschlüssel aber kein Thema. „Wir sind glücklich über das System, wie wir es jetzt haben“, sagt CDU-Kita-Sprecherin Stefanie Straßburger. „Dass so viele Kinder betreut werden können“.

In der Tat, mit rund 55.000 Kindern gehen heute fast 6.000 mehr in die Kitas als 2004. Da zugleich rund 600 Erzieher abgebaut wurden, sei es „nicht wegzurechnen, dass die Gruppen größer wurden“, sagt Peter Albrecht vom Landeselternausschuss. Um elf Prozent wurden die Standards verschlechtert, dies müsste „zurückgenommen werden“. Wenn die CDU schon die Klassen verkleinere sei es „merkwürdig, dass sie dies nicht auch bei den Kitas tut“, findet auch Kastner.

Nicht unwichtig sind dafür die jüngsten Anträge von SPD und GAL für den Doppelhaushalt 2007/08. Sie sind die letzten der Legislatur und gelten quasi als Wahlversprechen. Die SPD-Kita-Politikerin Andrea Hilgers stellte Anträge über 17 Millionen Euro, die die Hälfte der Einsparungen wettmachen. 2,5 Millionen Euro sind für die bessere Umsetzung der Bildungsempfehlungen, der Rest soll gezielt Kindern in sozialen Brennpunkten zu Gute kommen. Auch die GAL-Politikerin Christiane Blömeke würde gezielt dort das Personal aufstocken. Aber die Standardabsenkung ganz zurückzunehmen, sei nicht machbar. „Ich höre von den Kita-Trägern: ‚Na ja, es geht‘.“