BEI DER HITZE WIRD DER RAUM AUF UND AN DEN GEWÄSSERN KNAPP – ABER WER HAT DEN BESTEN PLATZ?
: Menschen auf Wasserwegen

ERWACHSEN

Es gibt einen Ort in Berlin, der sensible Gemüter durchaus verstören kann. Es handelt sich um ein Café im sogenannten Bikini-Haus, einem Hochhaus am Rande des Zoologischen Gartens, von dem aus man direkt in das Affengehege blicken kann. Allerdings blicken die Affen zurück – und man weiß nicht so recht, wer gerade in der bescheuerteren Situation ist: die eingeknasteten Primaten im Käfig mit Rundumversorgung oder die frei herumlaufenden Primaten auf der Terrasse mit Konsumzwang.

Ähnlich undurchdringlich erschien mir das Verhältnis zwischen den Menschen auf und am Rande eines Brandenburger Gewässers, an dem ich mich während des Pfingstwochenendes aufhielt. Ich selbst war AM Gewässer und nicht darauf, weil ich zu Gast bei einem Freund mit Haus am See war. Manchmal, selbstverständlich, war ich auch IM Gewässer, was bei den Temperaturen recht erfrischend war. Die meisten Menschen aber schienen mir AUF dem Gewässer unterwegs zu sein. Als da wären: Selbstrudernde in Kanus, Tretbootfahrer, Kleinbootsteuernde, Jetski-Reiter, Yachtbesitzer und Mieter einer ganz besonderen Spezies von „Boot“, nämlich Hausbooten mit Außenbordmotor. Das sieht dann ungefähr so aus, als ob eine Ikea-Küche an einem vorbeituckert, wenn man auf dem Steg sitzt.

Der Steg wiederum gehört zu dem Haus, in dem ich zu Gast war. Man saß in prominenter Position, starrte auf die Menschen in ihren schwimmfähigen Untersätzen und dachte: „Ach, Mensch, ein Boot! Ein Königreich für ein Boot!“ Was für ein Spaß könnte das sein, jetzt mit einem V8-getriebenen Speedboot die Haubentaucher umzupflügen oder mit einem Kabinenkreuzer in der Mitte des Sees vor Anker zu gehen, um elektronische Musik mit starker Bassfrequenz zu hören, beides sehr gut geeignet, um Mensch und Tier AM Wasser zu stressen.

Die Menschen AUF dem Wasser starrten allerdings auch zurück. „Ein Steg, ein Königreich für einen Steg und ein Haus am See!“, meinte man sie innerlich seufzen hören. Und es war ja auch ein Riesenspaß, auf diesem Steg zu sitzen: Mal gab es Kuchen, mal gab es Abendessen. Dazwischen stets eisgekühlten Weißwein. Wenn es einem zu heiß wurde, stieg man einfach die Leiter in den See hinab, saß danach erfrischt im Liegestuhl, sich herzlich wenig einen Kopf darüber machend, dass Mensch und Tier aufgrund dieses Privatbesitzes in ihrer natürlichen Entfaltungsmöglichkeit (Brüten, quaken, nackt um Bierkästen herumlungern und dabei Wummermusik hören) eingeschränkt sind.

Zurück in Berlin, lasse ich mir die schwierige Chose noch einmal durch den Kopf gehen, während selbiger kurz vor dem Siedepunkt ist, weil er an einem Schreibtisch im nicht adäquat isolierten Dachgeschoss des taz-Gebäudes sitzt. Und in dieser Not fällt mir die Erkenntnis wie ein Schweißtropfen von der Stirn: Mensch, du hast weder Haus am See noch Boot! Geh doch einfach wie die anderen Affen auch ins Prinzenbad. Ist ein schöner Zaun drumherum – und jeder, der mal IN und AM Wasser sein will, muss fünf Euro und 50 Cent bezahlen.

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