Anerkannt und doch nicht satt

Anerkennung ist ihnen sicher. „Echt, du bist Schauspieler? Toll!“ So schallt es ihnen entgegen, wenn man sich im Bekanntenkreis trifft und irgendwann die unvermeidliche Frage „Und was machst du so?“ aufkommt. Immerhin. Aufmerksamkeit ist auch ein Kapital. Nur ist es halt leider auch das einzige, das der Schauspielerin, dem Schauspieler ins Haus flattert.

Die Uni Münster hat erforscht, was SchauspielerInnen so verdienen. Falls Sie gerade Kinder mit einem solchen Berufswunsch haben sollten, Sie Ihren Nachwuchs aber lieber als Ingenieurin oder Deutschlehrer sähen, zeigen Sie ihm doch mal diese Studie. Er wird es möglicherweise noch einmal überlegen. 700 Darsteller von Theater, Film und Fernsehen wurden befragt. Die Hälfte verdient 20.000 Euro brutto oder weniger im Jahr. Da hilft es denn auch nicht, dass man als Schauspieler wenigstens gelernt haben sollte, ausdrucksstarke Miene zum bösen Spiel zu machen.

Schon eine seltsame Vorstellung, dass viele Menschen, denen man gemütlich nach Feierabend im Fernsehen zuschaut, sich gelegentlich Sorgen um ihre Miete machen müssen. Wer in die Kulturgeschichte hinabtaucht, findet selbstverständlich viele Beispiele für arme Schauspieler. Thomas Mann assoziiert im „Tonio Kröger“ mit dem Künstlerstand insgesamt (politisch inkorrekt) die „Zigeuner im grünen Wagen“ – die Literatur ist voller Schauspielertruppen, die prekär von Stadt zu Stadt ziehen. Heute ziehen sie von Castingagentur zu Castingagentur.

Nun wird ja niemand gezwungen, Schauspieler zu werden. Einen ernsten politischen Punkt gibt es bei alledem dennoch: Viele SchauspielerInnen können auch kein Arbeitslosengeld I beziehen. Die Engagements sind oft zu kurz, um innerhalb von zwei Jahren die geforderten sechs Monate unter Vertrag zusammenzubekommen. Eine 2009 von der Bundesregierung vorgenommene ALG-Reform, um die soziale Benachteiligung von Schauspielern aufzuheben, ist damit, wie die Studie zeigt, gescheitert. Das ist nicht gut. Von Anerkennung allein wird niemand satt. Vielleicht sollten die SchauspielerInnen damit drohen, Politiker nur noch böse darzustellen. DIRK KNIPPHALS