Flug lärmt etwas weniger

Heute verabschiedet der Bundestag die Fluglärmnovelle. Den Grünen reicht sie nicht

FRANKFURT/M. taz ■ Anwohner von Flughäfen können sich freuen – sagt Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD): Sie dürften künftig mit geringerer Lärmbelästigung rechnen. Heute will der Bundestag mit den Stimmen der Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD die Novelle zum Fluglärmgesetz von 1971 verabschieden. Ob das neue Gesetz allerdings tatsächlich ein Grund zur Freude ist, ist umstritten.

Die Novelle erlaubt am Tag einen Lärmschalldauerpegel von 65 Dezibel statt bisher 75 Dezibel. Das ist der Wert, ab dem laut Umweltministerium die Gefahr für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt. Nachts sind 55 Dezibel gestattet. Mit den neuen Grenzwerten könnten nun zusätzliche Lärmschutzzonen eingerichtet und bestehende ausgeweitet werden, sagte Gabriel. Im Gegenzug erhielten die Flughäfen „Rechts- und Planungssicherheit“ bei ihren Ausbaumaßnahmen. In bestimmten Zonen in der Nähe von Flughäfen dürfen auch keine Neubaugebiete mehr ausgewiesen werden. Damit werde „künftigen Lärmkonflikten vorgebeugt“, argumentiert das Bundesumweltministerium.

Skeptisch sind dagegen das Bündnis der Bürgerinitiativen gegen den Flughafenausbau in Frankfurt am Main und die Aktion Zukunft Rhein-Main, ein Zusammenschluss von 25 Kommunen und kommunalen Gebietskörperschaften der Region. Sie halten die neuen Grenzwerte für immer noch „gesundheitsschädigend hoch“ und nennen das neue Gesetz „Lex Fraport“. Erst ab 2011 müssten Schallschutzmaßnahmen tatsächlich installiert werden und lärmgeschädigte Anwohner „magere Entschädigungen“ bekommen. Beim Ausbau des Rhein-Main-Flughafens in Frankfurt spielten die Änderungen also noch keine Rolle.

Auch die Bündnisgrünen im Bundestag, deren damaliger Bundesumweltminister Jürgen Trittin den Gesetzentwurf 2004 initiierte, monieren jetzt diese „falsche Fristenregelung“. Außerdem fordern sie in einem – chancenlosen – Antrag, bei der Berechnung von Lärmschutzbereichen den lautesten Monat des Vorjahres zugrunde zu legen, sagte der umweltpolitische Sprecher der Fraktion, Winfried Hermann, der taz. Die Kritik der Stadt Frankfurt geht in die gleiche Richtung. Mit der im Gesetz vorgesehen Methode zur Berechnung des Fluglärms würden „Schutzansprüche kleingerechnet“, sagte die grüne Umweltdezernentin Manuela Rottmann.

Die Grünen im Hessischen Landtag befürchten gar, dass das für Rhein-Main avisierte Nachtflugverbot durch das Fluglärmgesetzt obsolet werden könnte. Im neuen Gesetz, das Auswirkungen auch auf das Luftverkehrsgesetz habe, würden zwar Grenzwerte für Nachtflüge festgelegt. Von einem Nachtflugverbot stehe aber „nichts drin“, so der Abgeordnete Frank Kaufmann. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT