„Wir müssen das System umbauen“

WETTER Mit Ur-Roggen und Rückstauklappen auf den Klimawandel reagieren: Der Bremer Biologe und Umweltökonom Andreas Lieberum über Extrem-Wetterereignisse und Vorsorgemaßnahmen

Maßnahmen gegen Kellerflutungen: die Münchener Straße in Findorff

Die Folgen extremer Wetterereignisse wie den Gewittern der vergangenen Tage lassen sich nach Auffassung von Experten mit einer vorausschauenden Anpassungsstrategie begrenzen. Um Schäden zu vermeiden und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu erhalten, müsse aber zunächst das Problembewusstsein für den Klimawandel geschärft werden, sagt der Bremer Biologe und Umweltökonom Andreas Lieberum.

„Wir müssen das System so umbauen, dass es nicht mehr so anfällig ist“, erläutert der Chef der Bremer Beratungsagentur für Ökologie „ecolo“. So könnten intelligente Ab- und Zuschaltungen im Pumpensystem der Kanalisation genauso wie zeitweise geöffnete Wasserspeicher Überflutungen verhindern. Funktioniere das nicht, werde der Verkehr lahmgelegt – „und mit ihm ganze Lieferketten, auf die Handel und produzierendes Gewerbe angewiesen sind“.

Durch Hitzeperioden und Gewitter werde auch der Anbau von Freilandkulturen schwieriger, sagt Lieberum. Das Vorbild des Biolandhofes Freese im ostfriesischen Rhauderfehn zeige, wie sich Landwirte darauf einstellen könnten. Dort werde robuster Ur-Roggen angebaut, der extreme Wetterlagen besser aushalte: „Eine alte Getreidesorte, die zwar weniger Ertrag liefert, dafür aber tiefer wurzelt und besser mit starkem Regen, Wind und Trockenheit klarkommt.“

Die Zunahme extremer Wetterereignisse als Phänomene des Klimawandels könne niemand mehr verleugnen, betont Lieberum. Deshalb komme es darauf an, sich rechtzeitig darauf einzustellen. Das passiere angesichts knapper Kassen am besten immer dann, wenn sowieso die Sanierung etwa einer Straße oder einer Kanalstrecke anstehe.

Lieberum nennt das Beispiel der Münchener Straße in Findorff, bei der nun Rückstauklappen vor den Häusern eingebaut und ein neues Fahrbahnprofil angelegt werden. So soll das Wasser besser ablaufen und verhindert werden, dass Regen die Keller überschwemmt.

Lieberum ist an dem Modellvorhaben „nordwest2050“ beteiligt, das über fünf Jahre Strategien zur Anpassung an den Klimawandel in der Metropolregion Bremen-Oldenburg erforscht. Es ist eines von insgesamt sieben Projekten, die der Bund im Rahmen seines Programms „Klimawandel in Regionen zukunftsfähig gestalten“ mit gut 80 Millionen Euro fördert.  (epd)