betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Der Schriftsteller Klaus Kordon hat mit seinen historischen Romanen für Jugendliche mehrere Generationen von Heranwachsenden an zentrale Ereignisse der deutschen Geschichte herangeführt – beziehungsweise durch seine Romanfiguren ermöglicht, per Zeitreise selber daran teilzunehmen. An der Revolution des Jahres 1848 zum Beispiel, die er aus der Perspektive eines jugendlichen Liebespaars schildert, Jette und Frieder nämlich, und dabei gleich die dringende Notwendigkeit erfahrbar macht, für eine gerechtere Gesellschaft und ein besseres Deutschland zu kämpfen. Thilo Reffert, Träger des Mülheimer Kinderstückepreises 2013, hat den Roman für das Grips Theater dramatisiert. Frank Panhans’ Uraufführung hat dort am 17. 6. Premiere. (Grips Theater: „1848 – Die Geschichte von Frieder und Jette“, ab 17. 6., 19.30 Uhr)

Nicht jeder, der an der Ungerechtigkeit der Verhältnisse leidet, kann gegen diese Verhältnisse kämpfen. Denn dazu müsste man diese Verhältnisse zunächst erkennen. Wie diese Ohnmacht sich am Ende andere Ventile für die Entladung sucht, hat Georg Büchner an seinem berühmten Woyzeck vorgeführt: der Underdog, der am Ende seine Geliebte ermordet, statt gegen die Verhältnisse aufzustehen, die ihn unterdrücken. Im Theater unterm Dach wird der Stoff ab 12. Juni ins Heute verlegt. Der in Moldawien geborene Regisseur Oleg Myrzak will untersuchen, wie Woyzeck heute in einer Zweiklassengesellschaft gefangen und einem ausbeuterischen System ausgeliefert wäre. Der Musiker und Schauspieler Timur Isik spielt die Titelrolle und steuert zur Inszenierung auch Lieder und andere Vertonungen von Büchnertexten bei. (Theater unterm Dach: „Woyzeck“, 12.–14., 20.–22. 6., jeweils 20 Uhr)

Im Theater Ramba Zamba inszeniert Jakob Höhne Heiner Müllers Stück „Philoktet“ über einen berühmten antiken Heeresführer, der wegen einer unheilbaren Verletzung von seinen Kameraden auf eine einsame Insel verbannt wird – bis er zurückgeholt wird, weil der Krieg auf der Stelle tritt und Philoktets Wunderwaffe benötigt wird. Die Premiere findet im Berliner Ensemble statt. In dieser Inszenierung treffen behinderte und nichtbehinderte Schauspieler aufeinander. Vor dem Hintergrund des Trojanischen Krieges wird der Ankündigung zufolge mit Hochsprache, aber auch mit „quietschender“ Sprache gearbeitet, mit kaputten Körpern, die für sich sprechen, wie ein Ausgegrenzter wieder zum Funktionieren und ein „Gesunder“ um seine Identität gebracht wird. Die Premiere findet im Berliner Ensemble statt. (Theater Ramba Zamba / Berliner Ensemble: „Philoktet“, Premiere 18. 6., 19 Uhr)