Mia san hier

KNASTABO Sitzt Uli Hoeneß beim Anpfiff vor der Glotze? Im Fall des prominenten Strafgefangenen vermeldet die Presse während der Fußball-WM jede Laola-Welle aus dem Knast. Für viele Strafgefangene ist aber nicht das Fernsehen, sondern die Zeitung ihr „Fenster zur Welt“

■ „Sechs Monate in den Knast“ – das ist kein neues Strafmaß für prominente Steuerhinterzieher, sondern die durchschnittliche Dauer eines Knast-Spendenabos.

■ „Nur zu Besuch“ – wie bei Monopoly können Sie Ihre Zeitung vorübergehend in den Knast schicken. Wenn Sie Urlaub machen, wird für Sie von unserer Aboabteilung eine bezahlte Lieferunterbrechung eingerichtet und die Zeitung umgeleitet.

■ Oder Sie schenken direkt ein taz-Abo an einen Gefangenen: 10 Wochen zu 60 Euro, ein halbes oder ganzes Jahr zum ermäßigten Preis von 25,90 Euro pro Monat.

■ Wer seine gute Tat von der Steuer absetzen möchte, spendet ein Knastabo über den 1985 von der taz mitbegründeten Verein Freiabonnements für Gefangene e.V.. Anders als die taz kann der Verein aufgrund seiner Gemeinnützigkeit auch Spendenbescheinigungen ausstellen. Der Verein vermittelt neben der taz auch andere Zeitungen und Zeitschriften.

■ Weitere Infos: www.taz.de/knastabo

Ein Bett, ein Stuhl, ein Tisch. Ein Schrank, ein Klo, ein Notrufknopf. Deutschland ist bestens informiert, wie die Zelle ausgestattet ist, in der Uli Hoeneß seit kurzem seine Haftstrafe verbüßt. Den Haftantritt des ehemaligen Präsidenten von Bayern München vermeldeten die Zeitungen oftmals in großen Lettern auf ihren Sportseiten. Ob und unter welchen Umständen Hoeneß die Fußball-WM wird verfolgen können, wurde zum Rechercheziel für etliche Reporter.

Abseits des „Falles Hoeneß’“ werfen die Medien selten einen so mitfühlend-interessierten Blick auf den Alltag von Strafgefangenen. Per Gesetz ist der Besitz von Handys zum Beispiel verboten und der Zugang zum Internet wird nur auf Antrag und meist lediglich für bestimmte Zwecke auf einzelne Seiten (wie Jobbörsen) gewährt. So sind die meisten Strafgefangenen von den digitalen Informationsquellen, die „draußen“ für viele zur Selbstverständlichkeit geworden sind, weitgehend abgeschnitten.

Wer nicht nur sehen und hören will, was das Fernsehprogramm oder der Radioapparat gerade so ausspukt, wenn der Schließer die Zellentür verriegelt, greift zur gedruckten Zeitung. Ein Strafgefangener, der die taz in der JVA Landsberg bezieht, beschreibt es so: „Die tägliche Tageszeitung ist mein Fenster in die große Welt. Ich kann nach Einschluss, wenn sich die Stunden wie Kaugummi dehnen, durch die Zeitung meine Gedanken in die Welt schicken, die mir zur Zeit versperrt ist. Das Zeitungslesen ist für mich ein wichtiges Ritual in meinem immer gleichen Tagesablauf. Ohne Zeitung wäre ich auf den Fernseher oder das Radio angewiesen und müsste die Nachrichten und Berichte zu den Zeiten schauen, wenn sie gesendet werden. Die Zeitung lese ich dann, wenn ich Lust dazu habe. Ich teile die Zeitung noch mit zwei Mitgefangenen, die aufgrund ihrer kurzen Haftzeit keine Möglichkeit für ein Abo haben.“

Der Bezug von Zeitungen muss von den Gefangenen aus eigener Tasche bezahlt werden. Wer nicht im Knast arbeitet (und nur jeder zweite Häftling tut das) – ist damit auf eine Zeitungsspende angewiesen. Täglich erhalten deshalb 750 Gefangene die taz als Spende. Möglich wird dies, weil AbonnentInnen während der Ferien die Zeitung nicht abbestellen, sondern an eine JVA weiterleiten lassen. Viele spenden auch ein zeitlich befristetes Knastabo oder finanzieren ein Spendenabo über den Verein Freiabonnements für Gefangene e. V..

Jedes Exemplar, das seinen Weg hinter Gittern antritt, wird im Knast noch mindestens einmal weitergereicht; die taz wird durchschnittlich von fünf bis zu zehn Gefangenen gelesen. „Drinnen“ wie „draußen“ freuen sich nun alle auf die langen Abende der Fußball-Weltmeisterschaft. Die Spiele in Brasilien werden hier wegen der Zeitverschiebung zum Teil erst spät angepfiffen, während der Nachtruhe ist es in vielen Haftanstalten üblicherweise nicht erlaubt, so spät noch einen Fernseher anzuschalten.

Während der Fußball-WM wird aber von Seiten den Anstaltsleitungen in der Regel eine Sonderregelung erlassen. Auch Uli Hoeneß muss den Anpfiff nicht verpassen. Auf seinem „Zimmer“ gibt es Kabelanschluss.