„In der Luft liegt jetzt Feststimmung“

„Mehr Kritik habe ich nicht, jetzt kann ich nur noch beten, dass alles klappt“, sagt der Mann am Steuer, während er scharf bremst, als ein Fahrzeug von der rechten Spur nach links zieht. Claudionor Cassiano Santana Filho, 49, ist seit 22 Jahren Taxifahrer in Salvador. Wie schon sein Vater, der manchmal noch am Steuer des weißen Doblò mit den roten und blauen Streifen sitzt. „Nur noch ein paar Tage bis zum Anpfiff, wir müssen das Beste aus der Copa machen – oder etwa nicht?“

Cassiano wird während der WM arbeiten. Er wird ein frisch gebügeltes Hemd anziehen, dazu eine neue schwarze Stoffhose, und die Lederschuhe wird er polieren. Mit einem Kunden hat er für den ersten Spieltag vereinbart, dessen Gepäck während der Partie im Auto zu verwahren. Anders wäre es nicht möglich, dass dieser nach Ankunft am Flughafen in Salvador noch rechtzeitig zum Spielbeginn am anderen Ende der Stadt kommt. Sein Wunsch für den WM-Titel: „Am liebsten ein afrikanisches Land – aber das ist ein Traum.“

Im Auto riecht es nach Männerparfüm, die Klimaanlage steht bei 16 Grad, Regen prasselt gegen die Scheiben. Cassiano ist optimistisch – und einer der wenigen Taxifahrer mit Sympathie für die Arbeiterpartei von Präsidentin Dilma Roussef. Nicht alles in den letzten Jahren sei schlecht gewesen. Der Kuchen werde jetzt anders verteilt. „Ich weiß, was Armut ist. Früher arbeitete die Tochter einer Hausangestellten auch im Haushalt, der Sohn eines Taxifahrers fuhr Taxi – das ist heute anders.“

Cassiano hat drei Kinder, die Tochter arbeitet bei der Sparkasse, ein Sohn bei einer Eventfirma, der Jüngste geht noch zur Schule. Cassiano schiebt die Sonnenbrille hoch, dreht den Kopf nach hinten, Besorgnis verdunkelt sein Gesicht. „In der Schule werden sie aufgewiegelt, auch mein Sohn hat an den Protesten im letzten Jahr teilgenommen.“ Und dieses Jahr? Ja, es werde Proteste geben, aber nach den Vorfällen mit den schwarzen Blöcken habe die Bewegung an Kraft eingebüßt: „Bahia ist anders. Wir haben die schönen Strände, die Feststimmung liegt in der Luft, und wir Baianos sind gastfreundlich. Die Ausländer werden glücklich nach Hause fahren!“

■ Claudionor Cassiano Santana Filho, 49, seit 22 Jahren Taxifahrer