Mit Aperol Spritz auf die letzten Tage

ONLINEJOURNALISMUS Krautreporter laden zum Endspurt und sind selbstbewusster denn je

Eine hippe Kunsthalle in Prenzlauer Berg, junge Menschen mit Aperol Spritz oder Weißweinschorle und ein lauer Sommerabend – so begingen Krautreporter am Dienstagabend ihren Endspurt respektive ihr letztes Aufbäumen.

Gut 9.000 Menschen unterstützen das Crowdfundingprojekt bisher, bis Freitagabend müssen es 15.000 sein, damit das Onlinemagazin zustande kommt. Für ihre Idee haben die Reporter viel Lob bekommen. Für ihre Attitüde, „Der Onlinejournalismus ist kaputt – wir kriegen das wieder hin“, gab es harte Kritik: zu arrogant, zu weiß, zu männlich, zu undurchdacht.

Nun hatten die Krautreporter viel Zeit, auf die Kritik einzugehen. Gelernt haben sie daraus offenbar trotzdem nicht viel, wie in der Kunsthalle deutlich wurde.

„Das Netz liegt brach, wir wollen es neu bepflanzen“, sagte Krautreporterin Andrea Hanna Hünniger und erzählte, Krautreporter wolle das journalistische Format der „harten Reportage wiederbeleben“ – als hätte es all die großen Onlinereportagen bei Spiegel Online, Zeit Online und sueddeutsche.de in den letzten Monaten nicht gegeben. Das Publikum – zur Hälfte Unterstützer – schien dennoch überzeugt.

Nun muss man sich auf einer Endspurt-Veranstaltung nicht geißeln. Motivation und Stolz sind angebracht – immerhin haben Krautreporter geschafft, was bisher kein journalistisches Crowdfunding geschafft hat. Aber dass 45 Minuten der Veranstaltung verstreichen mussten, bis der Erste, nämlich Jakob Augstein, auf der Bühne erwähnte, dass es eng werden könnte, wirkte doch ein bisschen realitätsblind. Augstein ermutigte die Krautreporter, unbedingt weiterzumachen, selbst wenn das Geld nicht zusammenkommt. Das ist aber bisher nicht vorgesehen: Scheitert das Crowdfunding, gibt es kein Onlinemagazin. ANNE FROMM