Erbstreit im Hause Scheuerl

WAHLKAMPF Einst vereint, nun gegeneinander: Wer die Ziele von „Wir wollen lernen“ heute vertritt, darüber gibt es unter den Schulreformgegnern Krach

Sie können nicht nur gegen Christa Goetsch und die Schulreform, sie können auch gegeneinander. Im Kampf um den Einzug ins Hamburger Rathaus zerlegt sich derzeit die ehemalige Volksinitiative „Wir wollen lernen“ (WWL). Im Kampf um das parlamentarische Erbe der erfolgreichen Initiative ist diese in zwei Lager zerfallen, die sich bis aufs Messer bekämpfen.

Hintergrund ist der Alleingang des ehemaligen Medienstars der Initiative Walter Scheuerl. Der liebäugelte lange Zeit damit, eine eigene Partei zu gründen, warf sich dann aber überraschend der CDU an den Hals, die ihm einen sicheren Platz auf ihrer Bürgerschaftsliste zusicherte. Einige der so um ihre Rathaus-Chancen geprellten ehemaligen Mitstreiter Scheuerls wollten sich mit ihrem außerparlamentarischen Schicksal nicht abfinden und gründeten die Wählervereinigung „Bürgerliche Mitte“, die zur Bürgerschaftswahl kandidieren will.

Ärger bekommt die ohnehin fast chancenlose Wählervereinigung nun ausgerechnet von Scheuerl, der ihr notfalls gerichtlich verbieten will, mit einem Logo in den Wahlkampf zu ziehen, das dem von WWL verblüffend ähnlich sieht.

In einem Brief an die Bürgerliche Mitte betonen Scheuerl und zwei Mitstreiter: „Wir müssen auf eine Änderung des Layouts bestehen“, denn die Verwechslungsgefahr mit WWL sei zu groß. Sie sei zudem „befremdlich und irreführend“, heißt es in dem Schreiben weiter, da es innerhalb des Vereins keine Mehrheit für die Gründung einer Partei gebe. Unterzeichnet haben die drei Verfasser des Briefes „im Namen von WWL“. Als dessen legitime Vertretung fühlen sich aber auch die Gründer der Bürgerlichen Mitte, die schließlich „direkt aus der WWL hervorgegangen“ sei. Doch auf der WWL-Homepage wird derzeit allein zur Wahl Scheuerls aufgefordert, während die Bürgerliche Mitte mit keinem Wort erwähnt wird. Die Spaltung ist perfekt.

„Wir wollen das mit Herrn Scheuerl freundschaftlich klären“, erklärt die Spitzenkandidatin der Bürgerlichen Mitte, Mareile Kirsch. Das wird schwer – das Tischtuch scheint zerschnitten, auch wenn Kirsch betont, man sei mit Scheuerl noch immer „freundschaftlich verbunden“.

Die Bürgerliche Mitte will bis auf Weiteres an ihrem Logo festhalten und mit Bildungsthemen im Wahlkampf punkten. Als einzige Partei tritt sie für die Abschaffung des Turbo-Abiturs nach schon zwölf Jahren, zumindest aber für eine Wahlmöglichkeit nach schleswig-holsteinischem Vorbild ein. Weitere Progammpunkte: Mehr Teilzeitarbeitsplätze vor allem für junge Mütter, gebührenfreie Kita-Plätze für die Kinder von Hartz-IV-Empfängern und die Absage an die Stadtbahn.        MARCO CARINI