Armer Axel

„Die Wicherts von nebenan“ für die Generation Golf: die TV-Serie „Das Beste aus meinem Leben“ (18.50 Uhr, ARD)

Oliver Mommsen könnte auch eine dreistündige Werbesendung für Waschmittel präsentieren – ich würde es mir trotzdem ansehen. Gerne sogar. Diese smarte Art, diese dunkelstbraunen Augen und eine Haut, die von einem halb sonnigen, halb verregneten Segelausflug träumen lässt. Praktischerweise spielt Oliver Mommsen jetzt in einer neuen ARD-Serie mit und – wenn der Sender nicht doch noch rechtzeitig zur Vernunft kommt – ich werde ihn ab heute an acht Freitagen anhimmeln können – und dabei versuchen, den unfassbar blöden Inhalt von „Das Beste aus meinem Leben“ auszublenden.

Max Miller (Oliver Mommsen) ist ein humorvoller, intellektueller, selbstkritischer, trotzdem noch männlicher Typ, dem der Alltag so allerlei in den Weg rollt, das er formatgerecht linkisch lächelnd umschifft, einebnet oder überrollt. Millers laut Presseheft „temperamentvolle Ehefrau“ (Elena Uhlig), natürlich eine Italienerin, und sein „cleverer Sohn“ assistieren dabei. Allein diese Dreierkombo lässt „Das Traumschiff“ wie eine PDS-Propagandasendung aussehen. Aber die Macher greifen noch tiefer in die Stereotypenkiste. Sie graben aus: „den besten Kumpel“, „die spitzzüngige Vorzimmersekretärin“, „den geltungssüchtigen Chef“. „Das Beste aus meinem Leben“ ist „Die Wicherts von nebenan“ für die Generation Golf.

Die politische Agenda der Macher lässt sich unter dem Schlagwort „Zementieren von Geschlechter- und Klassendifferenzen“ zusammenfassen. Das führt zu so lustigen Bemerkungen wie: „Handtaschen sind die Außenstelle des städtischen Fundbüros.“ Oder: „Wie bringt man die Gegensätze ‚Mann und Frau, Tanzabende und Männerfreundschaften‘ in Einklang?“ Ja, wie bloß? Armer Max!

Vor allem aber armer Axel: Vorbild für Millers Miseren der Bessersituierten sind Axel Hackes Kolumnen aus dem SZ-Magazin. Dafür hat er viele Preise bekommen. Die hat er auch verdient – diese Fernsehserie nicht.

Hackes Kolumnen zeigen das Absurde im Alltag: „Es war Nacht, ich saß in der Küche und dachte über Mathematik nach. Was ist mir eigentlich davon geblieben? Eins, zwei, drei?“ Oder: „Gibt es noch etwas ‚Münchnerisches‘? Oder ist alles zum Fremdenverkehrs-Argument geronnen? Manche Orte wären ja ohne den Besuch von Nicht-Münchnern nicht mehr existent.“ Oder: „Manchmal stelle ich mir vor, mir würde auf Schritt und Tritt ein Gartenzwerg folgen.“

Das Spielerische der Kolumne geht in der klischoiden Verfilmung verloren. Hackes pointierte Gedanken verflachen bei der Umsetzung in Bilder.

Oliver Mommsen sollte wirklich eine dreistündige Waschmittelwerbesendung präsentieren. Die würde ich mir lieber anschauen als diese saubere Seifenoper. JUDITH LUIG