Transrapid-Unglück beschäftigt den Landtag

Menschliches Versagen gilt als Ursache für den Unfall mit 23 Toten. Grünen und SPD reicht die Erklärung nicht

HANNOVER taz ■ Drei Monate nach dem schweren Unfall auf der Transrapid-Teststrecke im Emsland nimmt heute in Hannover ein Untersuchungsausschuss zu dem Unglück mit 23 Toten seine Arbeit auf. Der elfköpfige Landtagsausschuss soll klären, ob ein mangelhaftes Sicherheitssystem den Unfall mitverursacht hat und ob es in diesem Zusammenhang ein Fehlverhalten in der Genehmigungsbehörde, im Wirtschaftsministerium, beim TÜV oder beim Betreiber, der Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft (IABG), gegeben hat.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Unglücks am 22. September bislang gegen zwei Mitarbeiter im Leitstand der Teststrecke. Sie hatten vor dem Unglück die Strecke per Funk freigegeben, obwohl ein motorgetriebener Werkstattwagen seine Kontrollfahrt noch nicht beendet hatte. Kurz darauf kollidierten Transrapid und Werkstattwagen.

Dem Unfall ging ein Missverständnis im Funkverkehr voraus. Der Fahrer des Werkstattwagens gab dem Leitstand per Funk durch, der Wagen sei in Position, ohne diese anzugeben. Im Leitstand wurde daraufhin angenommen, der Wagen habe die Strecke wieder verlassen. Ein GPS-Signal, das den Wagen als noch auf der Strecke anzeigte, beachteten sie nicht.

Der für die Genehmigungen verantwortliche Landeswirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) sagt, für die Sicherheit der Teststrecke sei das Menschenmögliche getan worden. Ein Sicherheitssystem, das die Strecke bei Fahrten des Werkstattwagens automatisch für den Transrapid gesperrt hätte, war nach Angaben des FDP-Politikers nicht verfügbar.

Dieser Darstellung widersprechen vor allem die niedersächsischen Grünen, die den Untersuchungsausschuss mit Unterstützung der SPD durchgesetzt haben. Der Grünen-Abgeordnete Enno Hagenah verwies auf eine entsprechende Technik der Deutschen Bahn. Hier werden Lichtschranken eingesetzt: Sie registrieren, wenn ein Zug in einen Streckenabschnitt fährt. Ein entgegenkommender Zug wird dann automatisch blockiert, bis die Strecke wieder frei ist. Die Transrapidtechnik benötigt so ein System im Grunde nicht. Die Züge können nicht zusammenstoßen, weil sei von einem wandernden Magnetfeld angetrieben werden. Das bewegt sich auf der gleichen Strecke mit gleicher Geschwindigkeit immer in dieselbe Richtung. Vergessen wurde dabei: Das gilt nicht für den von einem Verbrennungsmotor angetriebenen Werkstattwagen.

Der Untersuchungsausschuss hat noch eine andere Frage zu klären: Die Teststrecke wurde bis zum Unfall nach dem Versuchsanlagengesetz betrieben. Dabei beförderte die Magnetbahn zuletzt nach festem Fahrplan hunderttausende Emsland-Touristen. Mit der Beweisaufnahme startet der Ausschuss im Januar.

Jürgen Voges