Einfach viel Zeit

PSYCHEDELISCHER FOLK Nach zwölf Jahren präsentiert das schwedische Trio „Junip“ um José Gonzales sein erstes Album „Fields“ – und hebt sich mit schwelgerischem Unterton wohltuend vom Pop-Kitsch dieser Tage ab

Sound und Arrangements beginnen etwa dort, wo Gonzalez’ Lieder enden

VON NILS SCHUHMACHER

Ein – je nach Perspektive – großer Vor- oder Nachteil der Pop- im Vergleich zur so genannten Kunstmusik ist unbestreitbar: ihre bestechende Einfachheit in vielerlei Hinsicht. Der einzige Grund etwa, warum das schwedische Trio „Junip“ so klingt, als wirke der schwedische Singer/Songwriter José Gonzales in einer Band mit, ist einfach: dass José Gonzales in einer Band mitwirkt – und zwar bei „Junip“.

Nun macht diese charakteristische Einfachheit es auch selbst ernannten Kritikern und notorischen Skeptikern meist einfach. Eine perfide und für den Pop-Apparat ja nicht unübliche Form des Selbstmarketings angesichts einer stockenden Karriere ließe sich hier zum Beispiel vermuten. Aber so einfach verhalten sich die Dinge dann – je nach Perspektive – zum Glück oder leider doch nicht immer. „Junip“ nämlich existierten bereits fünf Jahre, als Gonzalez mit seinem Album „Veneer“ 2003 den ersten Soloerfolg landete und mit doch sehr zerbrechlichen, Folk-inspirierten Pop-Kleinoden an die Spitze der schwedischen Charts kletterte und auch weltweit Entzücken auslöste.

Vor allem die auf das Entzücken folgenden Verpflichtungen werden es dann wohl gewesen sein, die „Junip“ zu lang anhaltender Inaktivität verurteilt haben: Ende 2005 veröffentlichten die Schweden die EP „Black Refuge“, dann war erst mal für fünf Jahre Pause. Ende Mai letzten Jahres aber haben sie sich mit „Rope and Summit“ zurückgemeldet, kurz darauf erschien dann mit „Fields“ doch noch das erste Album.

Genauso sparsam verwenden sich „Junip“ auch, wo es darum geht, sich musikalisch in Stellung zu bringen. Von den Anfängen als Punk-/Hardcore-Band ist nicht einmal rudimentär noch etwas zu hören. Stattdessen beginnen Sound und Arrangements ungefähr dort, wo Gonzalez’ stark zurückgenommene Lieder enden – ohne sich dann wirklich weit davon zu entfernen. Man selbst bezeichnet sich, Fluch der Kategorisierung, als Folk-Band mit Wurzeln in den 60er und 70er Jahren. Wer „Junip“ hört, wird aber tatsächlich wohl weniger an Folk, dafür umso mehr an José Gonzalez geraten: an dessen markant blecherne Stimme wie auch an die mal leicht düstere, mal etwas flottere, immer aber dichte Atmosphäre seiner Songs.

Alles braucht hier also vor allem einfach viel Zeit, um sich langsam und entspannt zu entwickeln, trottet gemütlichen Schrittes voran, mündet hier und dort in einen mehrstimmigen, verhallten Refrain oder läuft in psychedelischen Synthieklangwellen nebst progrockiger Brandung aus. Und zeichnet sich dabei durchgängig durch jene Art schwelgerischen Unterton aus, der sich wohltuend vom, andernorts bisweilen als Tiefgang verkauften, Pop-Kitsch dieser Tage abhebt. Bestechend einfach eben.

■ Do, 13. 1., 20 Uhr, Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66