Rot-Rot schmeißt mit Geld nur so um sich

HAUSHALT Grüne werfen SPD und Linkspartei vor, den Wählern viel Unbezahlbares zu versprechen

Die Grünen werfen SPD und Linkspartei vor, die Wähler mit unbezahlbaren Versprechungen täuschen zu wollen. „Die Regierungskoalition zeigt keinerlei Interesse, finanziell klare Verhältnisse schaffen zu wollen“, sagte Fraktionschefin Ramona Pop am Mittwoch. 8 Monate vor der Abgeordnetenhauswahl am 18. September ruft sie die Senatsparteien auf, „sich ehrlich zu machen“ und angesichts knapper Kassen Prioritäten zu setzen, statt alles zu versprechen.

Hintergrund der Grünen-Forderung ist die sogenannte Schuldenbremse. Sie verbietet es den Bundesländern ab 2020, neue Schulden zu machen. Folglich müssen sie bis dahin alle Löcher in ihren Haushalten schließen. Berlin hatte damit gerechnet, im vergangenen Jahr neue Kredite von 2,8 Milliarden Euro aufzunehmen, um seinen 22-Milliarden-Haushalt zu finanzieren. Am Mittwoch allerdings korrigierte die Finanzverwaltung des Senats: Überwiegend dank überraschender Steuermehreinnahmen auf Bundesebene halbierte sich die Neuverschuldung auf 1,4 Milliarden.

Für Pop und Grünen-Haushaltsexperte Jochen Esser änderte das nichts an ihrem grundsätzlichen Befund: Das Land habe zu wenig Geld für all die Dinge, über die Rot-Rot gerade rede, etwa ICC, Charité und Bibliothek. Das gilt laut Esser vor allem für die vom Senat erneut ins Gespräch gebrachte neue Landesbibliothek, die für 270 Millionen Euro auf dem Tempelhofer Feld entstehen soll. „Geht’s nicht ’ne Nummer kleiner?“, fragte Esser und erinnerte daran, dass die durchaus auch nicht kleine neue Bibliothek der Humboldt-Universität nur 75 Millionen kostete.

Ähnliches kritisieren die Grünen an den Rekommunalisierungsplänen von SPD und Linkspartei. S-Bahn-Züge zu kaufen sowie Wasser-, Gas- und Stromversorgung wieder in Landesbesitz zu holen würde nach ihren Berechnungen rund 6,5 Milliarden Euro kosten. Kein einziger Euro davon sei im Haushalt oder in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen.

Die rot-rote Koalition sieht das wenig überraschend ganz und gar nicht als Wählertäuschung. „Vieles ist doch noch in der Diskussion“, sagte die Vizefraktionschefin der Linkspartei, Finanzexpertin Jutta Matuschek, „beschlossen und ausfinanziert ist davon noch wenig.“ Auch bei äußerst knappen Kassen erst Ziele zu benennen und sich danach Gedanken zu machen, wo das Geld herkommt, hält sie für durchaus legitim. STEFAN ALBERTI