„Ich habe den Regierenden an meiner Seite“

Seit drei Wochen ist André Schmitz Kulturstaatssekretär von Klaus Wowereit. Während sein Chef das Geld eintreibt und Premieren besucht, bereitet sich sein Mann fürs Praktische auf eine Amtszeit mit Opernreform und Schlossplatz vor

André Schmitz muss jetzt erst mal etwas essen. Um halb fünf hat der neue Kulturstaatssekretär die erste Pause des Tages. Im Casino des Abgeordnetenhauses, wo die laufende Parlamentssitzung übertragen wird, nimmt er sich Zeit für ein Brötchen und ein Gespräch über seine ersten drei Wochen im Amt. Seitdem Klaus Wowereit beschloss, Kultur zur „Chefsache“ zu machen, hat der Mann mit der Fliege eigentlich zwei Jobs: Kultursenator und Staatssekretär. Kulturchef Wowereit ist fürs Repräsentieren und Geldbeschaffen zuständig, während Schmitz in den Unterausschüssen sitzt, Gremien besucht, das Alltagsgeschäft erledigt.

Schmitz tritt ein schweres Erbe an: Die Opernstiftung, die Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei) auf den Weg brachte, steht vor dem Aus, die Staatsoper muss saniert werden. Für beides fehlt das Geld. Auf André Schmitz ruhen alle Hoffnungen, der 49-jährige Jurist aus Oberhausen gilt als kulturpolitische Allzweckwaffe. Kompetenz hat er bereits in der Hamburger Kulturverwaltung und als Verwaltungsdirektor der Volksbühne und kommissarischer Intendant der Deutschen Oper bewiesen.

„Ich bin optimistisch, den hohen Erwartungen gerecht zu werden, die man in mich setzt“, sagt Schmitz. Die ersten Wochen verbrachte er damit, die Kulturverwaltung in der Brunnenstraße kennenzulernen und Antrittsbesuche zu machen.

Jetzt will er endlich loslegen. Selbstbewusst skizziert er seine Vorhaben, als wären es Kleinigkeiten: erst einmal zügig die Opernfrage klären, um sich dann in aller Ruhe anderen Problemen zuwenden zu können. Wie er das Dilemma um die drei unterfinanzierten Häuser lösen will, kann er noch nicht sagen. Nur so viel: „Ich habe keine Lust, mich fünf Jahre mit der Opernstiftung abzuquälen.“

Schmitz hat sich vorgenommen, die kulturelle Bildung voranzutreiben. Und er will den interkulturellen Dialog als Thema für die Kultur entdecken. Man müsse die Vielfalt der Einwandererkulturen als Schatz betrachten, sagt er und kündigt eine Reihe von Projekten zum Thema an.

Ein „ganz persönliches Anliegen“ ist ihm der Bau des Humboldtforums auf dem Schlossplatz. Er gerät ins Schwärmen, als er seine Vision einer Stadtmitte beschreibt, wo „der eine Humboldt-Bruder den anderen anschaut“. Auf der Museumsinsel Wilhelm und die europäische Kunst, auf dem Schlossplatz die außereuropäischen Sammlungen Alexanders. Einwände wegen der Finanzierung wischt er mit einer Handbewegung weg. Für nationale Kultur müsse das Geld einfach da sein – er klingt dabei wie sein Chef Wowereit.

Schmitz ist überzeugt, dass er als Mitarbeiter der Senatskanzlei größeren Handlungsspielraum als seine Vorgänger hat. Erst kürzlich, erzählt er, habe er 5,5 Millionen bekommen, um das Grundstück für das Technikmuseum zu kaufen. Ganz unproblematisch. „Flierl musste oft ganz allein kämpfen“, sagt Schmitz „Ich habe den Regierenden an meiner Seite.“

Flierl kommt ins Casino, um mit seinem Nachfolger über Ausschussdetails zu sprechen. Die beiden verstehen sich über die Parteigrenzen hinweg gut, „uns beiden liegt die Kultur am Herzen“. Als Flierl draußen ist, sagt Schmitz, er hoffe, den Weg für einen neuen Kultursenator freimachen zu können. „Auf Dauer ist Kultur zu wichtig, um Unterabteilung der Senatskanzlei zu sein.“ Nina Apin