EU: Transparenz ohne Inhalte
: KOMMENTAR VON DANIELA WEINGÄRTNER

Immerhin zwölf Seiten umfasst der Text, mit dem Finnland die Ergebnisse seiner EU-Präsidentschaft nun zusammenfasst. Schaut man sich die Bilanz genau an, so wird schnell klar: Die Baustelle Europa wird immer größer. Ob das Kosovo, Palästina, Iran oder Nordkorea, ob Klimaschutz, Energiepolitik oder Einwanderung – es gibt kein politisches Thema, das nicht im Kreis der 25 verhandelt worden wäre.

Nach abgeschlossenen Baumaßnahmen sucht man allerdings vergeblich. Finnland hat zwar die verunglückte Dienstleistungsrichtlinie und das Bürokratiemonster Reach durchgebracht. Doch in wirklich kniffligen Fragen wie dem Zypernstreit mit der Türkei oder den gestörten russisch-polnischen Beziehungen haben die vergangenen Monate überhaupt keinen Fortschritt gezeitigt.

In den Jahren zuvor waren es die kleinen Mitgliedsländer, denen es oft gelang, einen Ausweg aus verfahrenen Situationen zu finden oder für frischen Wind zu sorgen. Bei seiner letzten Ratspräsidentschaft vor sieben Jahren machte Finnland durch fantasievolle Informationspolitik und einen exzellenten Internetauftritt auf sich aufmerksam und setzte damit einen sympathischen Kontrast zur Geheimniskrämerei der großen EU-Staaten.

Auch dieses Mal konnte sich jeder per Website und SMS bestens über das Geschehen im Ministerrat informieren. Es gab so viele öffentliche Sitzungen wie noch nie: Waren im vorangegangenen Halbjahr der österreichischen EU-Präsidentschaft nur 17 Prozent der Debatten über Gesetze live auf der Website zu sehen, sind es unter Führung der Finnen 86 Prozent.

Doch Transparenz ohne Inhalte läuft ins Leere. Die Finnen hat der Europafrust ebenso gepackt wie alle anderen Mitgliedsländer. Beim Blick hinter die Kulissen der Ratstagungen wurde deutlich, dass sich Schweden und Polen oder Spanier und Briten derzeit nicht besonders viel zu sagen haben.

In Helsinki atmete man daher gestern Abend erleichtert auf, weil der EU-Stress vorbei ist und die Weihnachtsferien beginnen können. In Berlin hingegen stöhnt man gequält auf, weil das Theater mit der deutschen EU-Präsidentschaft ab Januar erst richtig losgeht. der tag, SEITE 2