Islamisten weiter auf dem Vormarsch

KÄMPFE Isis rückt in Richtung Bagdad vor. Die Türkei prüft nach Geiselnahmen ein mögliches Eingreifen

■ Längst kämpfen nicht nur Syrer und Iraker in der Isis: Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass sich unter den Milizen und ihrer einstigen Schwestergruppe al-Nusra auch 2.000 europäische Islamisten befinden. Der Großteil soll aus England und Frankreich stammen, je rund 700. Aus Deutschland sollen 320 Militante allein nach Syrien ausgereist sein.

■ Ende Mai tötete ein Rückkehrer im jüdischen Museum von Brüssel vier Menschen. Der Täter, ein 29-jähriger Franzose, soll ein Jahr in Syrien gekämpft haben. Bei seiner Festnahme in Marseille war die Tatwaffe in eine Isis-Flagge gehüllt.

■ Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen nennt die Rückkehrer eine „erhebliche Gefahr“. Rund 100 seien wieder in Deutschland, ein Dutzend davon „kampferfahren“. Hinweise auf konkrete Anschlagspläne gebe es aber nicht.

■ Am Donnerstag gab die Bundesanwaltschaft den Haftbefehl für einen deutschen Syriernkämpfer bekannt: Der Münchener soll sich an der Befreiung von 300 Gefangenen in Aleppo beteiligt und die Tötung zweier Menschen vorgeschlagen haben. Er hatte im März Syrien verlassen, wurde am Flughafen Prag festgenommen und nach München überstellt. (ko)

BAGDAD/ERBIL rtr/dpa/taz | Die irakische Regierung verliert die Kontrolle über immer größere Teile des Landes. Die Islamisten der sunnitischen Gruppe Isis eroberten weitere Ortschaften im Norden und rückten am Donnerstag bis in das Umland der Hauptstadt Bagdad vor. Stammesführern zufolge suchten die Kämpfer dort nach ihrer Blitzoffensive in dieser Woche die Entscheidungsschlacht gegen die Truppen der Regierung.

Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki musste im Kampf gegen die Islamisten eine schwere Niederlage einstecken. Das Parlament in Bagdad verweigerte dem schiitischen Regierungschef Notstandsmaßnahmen, die ihm mehr Befugnisse gegeben hätten. Viele Abgeordnete blieben der Sitzung fern, so dass die Kammer beschlussunfähig blieb.

Die Kurden verwalten im Norden ein autonomes Gebiet. Ein Sprecher der Einheit sagte am Donnerstag, man habe nach dem Rückzug der irakischen Armee aus Kirkuk dort die Kontrolle übernommen. Die Stadt wird von den Kurden als ihre historische Hauptstadt gesehen und liegt über großen Ölreserven.

■ Am 20. März 2003 begann der bisher letzte Irakkrieg mit der Bombardierung Bagdads durch US-amerikanische und britische Soldaten. Schon im Mai erklärte der damalige US-Präsident George W. Bush den Krieg für beendet.

■ Über die Gründe für die Invasion der USA und Großbritanniens gibt es unterschiedliche Ansichten. Bush rechtfertigte sie vor dem Hintergrund der Anschläge des 11. Septembers 2001 mit einem bevorstehenden Angriff des Iraks mit Massenvernichtungswaffen auf die USA. Ein Mandat des UN-Sicherheitsrates erhielt er nicht; chemische Waffen fand man nicht. Dem Krieg haftet der Vorwurf des Völkerrechtsbruchs an. Neue Studien schätzen die Zahl der Kriegstoten auf über eine halbe Million Menschen.

■ Auch während der bis 2011 dauernden Besetzung kam es im Irak immer wieder zu Terroranschlägen. Im Dezember 2003 wurde der untergetauchte Diktator Saddam Hussein gefasst, drei Jahre später wurde er exekutiert.

Die Isis kämpft auch in Syrien gegen die Regierung. Sie strebt eine Verschmelzung ihrer Einflussgebiete zu einem islamistischen Gottesstaat an. Damit grenzt die Türkei an zwei Staaten, in denen die Islamistengruppe jüngst Siege errungen hat. Zudem sollen sich 80 türkische Staatsbürger in der Gewalt der Isil befinden. Die Regierung in Ankara prüfte am Donnerstag die rechtlichen Voraussetzungen für einen Militäreinsatz im Irak. Das Parlament hat bislang einen Einsatz gegen kurdische Aufständische im Grenzgebiet genehmigt. 31 türkische Lkw-Fahrer kamen am Donnerstag frei. Um die Freilassung von weiteren türkischen Staatsbürgern in Mossul fanden Verhandlungen statt.