USA haben vom Irak die Nase voll

WESTEN US-Präsident Barack Obama plant zwar weitere Militärlieferungen an den Irak, lehnt aber ein direktes Eingreifen in den Bürgerkrieg mit den Islamisten bisher ab

„Es tut mir so leid, dass wir es nicht schafften, das zu verhindern“

MICHAEL MOORE ÜBER DEN IRAKKRIEG

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

Während im Irak eine Stadt nach der anderen in die Hände von Isis-Dschihadisten fällt und die – von den USA ausgebildeten – Soldaten kapitulieren, traf am Mittwoch in Washington das außenpolitische Komitee des Senats zusammen. Die SenatorInnen hörten den scheidenden und den künftigen Botschafter in Bagdad. Aber an der Lage im Irak zeigten sie erstaunlich geringes Interesse. KeinE SenatorIn äußerte sich dazu, dass die irakische Regierung die Kontrolle über das Land verliert.

Im US-Außenministerium nannte Sprecherin Jen Psaki die Lage im Irak „sehr gravierend“. Zugleich reagierte sie positiv auf die irakische Regierung, indem sie Bagdads jüngstes Versprechen lobte, eine nationale Einheit anzustreben. „Premierminister Maliki kann mehr tun“, sagte Psaki allerdings. Jenseits dieses in Washington vielfach wiederholten und ebenso oft in Bagdad ignorierten Appells, auch die nichtschiitischen politischen Gruppen an der Macht zu beteiligen, bestätigte Psaki, dass Washington plant, in diesem Jahr weitere Kampfflugzeuge, Raketen, Panzer und Munition an die Regierung in Bagdad zu liefern. Einzelheiten nannte sie nicht. Aus dem Weißen Haus verlautete, dass die US-Regierung mit dem US-Kongress zusammenarbeiten wolle, um Bagdad „flexibel mit Ressourcen“ für die Aufstandsbekämpfung zu versorgen. Aber direkt militärisch einmischen will sich die US-Regierung nach ihren bisherigen offiziellen Erklärungen nicht – trotz entsprechender Bitten aus Bagdad.

Premierminister Maliki, der vor drei Jahren der US-Armee die Türe gewiesen hat, soll Washington in den vergangenen Monaten mehrfach um direkte militärische Unterstützung gebeten haben. Laut New York Times haben sowohl Maliki als auch andere irakische Spitzenpolitiker um US-amerikanische Drohnenangriffe gegen die Aufständischen gebeten. Die New York Times beruft sich unter anderem auf den ehemaligen CIA-Experten Kenneth M. Pollack. Vor der Irak-Invasion von 2003 war Pollack als Mitarbeiter in George Bushs Nationalem Sicherheitsrat einer derjenigen, die von der Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak überzeugt waren und zu einem Krieg gegen Saddam Hussein trieben. Heute meint Pollack, gezielte Schläge gegen die Dschihadisten, die elf Jahre danach in den Fußstapfen der US-Soldaten marschieren, wären die Lösung.

In dem TV-Sender Democracy Now erklären hingegen Irak-Experten, darunter der irakische Journalist Mohammed al-Dulaimy, der in den USA Asyl beantragt hat, dass nur eine Regierung der nationalen Einheit, in der sämtliche Teile der irakischen Bevölkerung vertreten seien, ein Auseinanderbrechen des Landes verhindern kann.

Seit ihrem militärischen Abzug haben die USA Milliarden an Militärhilfe in den USA geliefert. In diesem Jahr sind weitere Lieferungen im Gegenwert von mehr als einer Milliarde Dollar geplant. Dazu sollen mindestens zwei F-16-Flugzeuge und sechs Apache-Hubschrauber im September gehören, verlautete aus dem Pentagon.

Während sich die Opposition in den USA mit anderen Kriegsschauplätzen befasst – gegenwärtig vor allem dem Geiselaustausch von fünf Taliban gegen einen US-Soldaten –, kommen Kommentare zur aktuellen Lage im Irak vor allem von links. Der Filmemacher Michael Moore, 2003 ein entschiedener Kriegsgegner, erklärte: „Es tut mir so leid, dass wir es nicht geschafft haben, das zu verhindern.“