Der Lebensretter

Der VfL Bochum glaubt wieder an den Klassenerhalt. Schuld sind die Tore des Griechen Theofanis Gekas

BOCHUM taz ■ Es war eine Unverschämtheit mitten im Abstiegskampf. Aus 20 Metern schlenzte Theofanis Gekas den Ball über Gladbach-Keeper Casey Keller. Der Ball stand in der Luft senkte sich langsam in den Winkel. Der Jubel setzte mit hörbarer Verspätung ein, hielt sich umso hartnäckiger und übertönte den Halbzeitpfiff. Begleitet von den Klängen des unvermeidlichen Sirtaki-Torjingles ging es in die Kabinen.

„Er ist unsere Lebensversicherung im Abstiegskampf“, sagt Marcel Koller, Trainer des VfL Bochum über seinen Angreifer. Eine Risiko-Lebensversicherung. Das Tor zum 1:0 am vergangenen Freitag über Borussia Mönchengladbach belegt dies.

Es war der siebte Treffer des griechischen Nationalspielers in der laufenden Saison. Der dritte Bochumer Heimsieg in Folge. Platz 14 mit Tendenz nach oben. Theofanis Gekas gibt den Bochumern die Hoffnung im Abstiegskampf zurück. Eine Hoffnung, die auf einer brüchigen Basis steht. Auf 1,80 Meter und 76 Kilo.

Eher weniger möchte man meinen. „Mein Landsmann ist körperlich nicht besonders stabil, nicht Kopfballstark. Seine einzige Stärke ist, dass er schnell ist und im Rücken der Abwehspieler lauert“, lautet das abwertende Urteil des Frankfurters Ioannis Amantidis über Gekas. Vermutlich denkt der Rest der Liga ähnlich. Sie hatten Gekas und den VfL bislang nicht auf der Rechnung.

Als Gekas am dritten Spieltag nach Bochum kam, kannte ihn keiner. Eine handvoll Länderspiele und Platz zwei der Torschützenliste in Griechenlands Liga standen für den 26-jährigen zu Buche. Ob das für die Bundesliga reicht? Mindestens. Und wie gemacht für Bochum: 80er Jahre Vokuhila und Maloche – als seien die längst verstaubten Ruhrpott-Stereotypen wieder aktuell. Die Fans beklatschen jede Aktion des Griechen und feiern die Tore ausdauernder als bei jedem anderen Spieler. „Kampf und Leidenschaft waren immer die Tugenden einer Bochumer Mannschaft“, schreiben sie in den Foren.

Es scheint als hätten die Bochumer den Abstiegskampf wieder gelernt. Ein Tradition, die durch fünf Abstiege und zwei Uefa-Cup Teilnahmen verschüttet war. An einen erfolgreichen Kampf um den Klassenerhalt können sich nur die wenigsten erinnern. Dank Theofanis Gekas glauben sie wieder daran. An den Erfolg des scheinbar Unterlegenen und Unterschätzten.

„Ich fühle mich wohl in Bochum und werde auf jeden Fall bleiben“, sagte er am Freitag. Wirklich? Oft musste der Verein in der Vergangenheit treffsichere Angreifer ziehen lassen: Hans Wallitza machte den Anfang. Jochen Abel, Christian Schreier oder Vahid Hashemian folgten.

Auch Bochums Sportdirektor Stefan Kuntz weiß aus eigener Erfahrung als Torschützenkönig der Bundesliga, dass woanders mehr Geld zu verdienen ist, als beim VfL. Dennoch sagt er: „Wir haben das Vorkaufrecht für Gekas und werden das auch nutzen.“ Momentan ist der Grieche ausgeliehen, im Sommer könnte er für eine Million Euro an den Club gebunden werden. Geschenkt. Seit Freitag ist er unbezahlbar. HOLGER PAULER