sprechende schalker
: Reden tut gut

Kevin Kuranyi fühlte sich geschmeichelt. „Es ist schön, wieder Ihre Stimme zu hören“, sagte eine Radioreporterin. Dabei hatte der Schalker Stürmer noch gar nichts gesagt. Es war aber zu erkennen, dass er nur noch Momente davon entfernt war, den Medienboykott zu beenden. „Es hat der Mannschaft gut getan, dass wir wenig geredet und viel gezeigt haben“, sagte er dann.

Seit dem 2. November hatten sie mit ganz wenigen Ausnahmen geschwiegen und zwanzig von 24 möglichen Punkten geholt. Am Samstag bei Arminia Bielefeld gewann der FC Schalke mit 1:0. Sollte tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Schweigen und Erfolg bestehen, hat „Medienboykott“ gute Chancen, Nachfolger von „Fanmeile“ zu werden – dem gerade gekürten „Wort des Jahres“. Dazu müsste die Gruppe der Boykotteure allerdings ausgeweitet werden, etwa auf HSV-Vorstandschef Bernd Hoffmann, die große Koalition und George W. Bush. Die relativ kleine Versuchsgruppe der königsblauen Fußballer zeigte am Samstag, dass immer mehrere Faktoren zu sportlichem Erfolg führen. Die Defensive erlaubte den Bielefeldern nicht einmal eine Handvoll guter Chancen, schon gar keine erstklassige. Damit war die Voraussetzung für einen Sieg geschaffen, wie ihn Möchtegern-Meister schätzen: schwach gespielt, trotzdem gewonnen. „Es war ein zähes Ringen“, sagte Schalkes Trainer Mirko Slomka. Warum seine Mannschaft gewann, ergänzte Kollege Thomas von Heesen: „Schalke war nicht die cleverere, sondern die glücklichere Mannschaft.“

Auf Schalke kehrt nach einem turbulenten Jahr weitgehend Weihnachtsruhe ein. Als Störenfried erwies sich am Samstag lediglich Frank Rost. Der Ersatztorwart beendete seinen Medienboykott erst kurz vor Mitternacht im ZDF-„Sportstudio“. Seine Degradierung stellte Rost als „das Ende einer Demontage“ hin, die schon unter Ralf Rangnick begonnen habe. „Da war Mirko Slomka noch Co-Trainer“, fügte er süffisant hinzu. Es deutet vieles darauf hin, dass Rost in der Winterpause wechseln wird, vermutlich zum HSV. Sportlich mag es ein Verlust sein. Wirtschaftlich würde der Verein enorm profitieren, denn Rost ist der mit Abstand bestbezahlte Ersatztorhüter der Liga. Hinzu kommt, dass er eine latente Gefahr für den innerbetrieblichen Frieden ist, den die Schalker so mühsam geschlossen haben. MARCUS BARK