Schlager ins Wasser

STREIT UM SCHIFFSTAUFE

Die Kollegen vom Hamburger Abendblatt waren nicht ganz entschieden: Sollten sie nun die Taufe des neuen Mega-Kreuzfahrtschiffs „Mein Schiff 3“ am Hamburger Fischmarkt bejubeln, wie jede andere Kreuzfahrtschiffstaufe? Und erst recht die Taufpatin, die Schlagersängerin Helene Fischer, die doch gerade erst ein Appartement in der Hamburger Hafencity erworben haben soll und sozusagen ihren Antrittsbesuch in der künftigen Heimat geben würde? Oder doch lieber den taz-Bericht nachziehen, nach dem zu diesem Anlass das Gelände um den Fischmarkt komplett abgesperrt würde und Anwohner sich beim von der Reederei Tui Cruises angeheuerten Sicherheitsdienst ausweisen müssten, um nach Hause zu gelangen?

Man entschied salomonisch: Großer Aufmacher „So viel Hamburg steckt in ,Mein Schiff 3‘“. Und dazu zwei kleine Beisteller: „Tui Cruises kontrolliert Fischmarkt-Besucher“ und „Fischer zieht in die Hafencity“.

Die taz hatte berichtet, dass das Bezirksamt Tui Cruises die Kontrolle über das gesamte Fischmarkt-Gelände übertragen hatte – verbunden mit der Sicherheits-Auflage, dass nicht mehr als 20.000 Menschen darauf gelangen dürften. Wer darüber hinaus Einlass begehrt hätte, sollte seinen Wohnort nachweisen müssen.

Am Tag danach Katerstimmung: Schlager-Star Helene Fischer wollten selbst kostenlos nur gut 15.000 Menschen hören. Und die Bardin lässt dementieren, dass sie nach Hamburg zu ziehen gedenke, hat wohl nur ein bisschen Schlager-Geld in der Hafencity investiert. Das Abendblatt schreibt: „Helene Fischer – doch lieber Wiesbaden als Hamburg“. Wiesbaden! Was für eine Schmach.

Zur Nagelprobe für die Bürgerrechte taugte das Event indes auch nicht recht. „Das verstößt gegen mein Grundrecht, mich frei zu bewegen!“, empörte sich Theresa Jakob, die spontan eine Demonstration vor Ort angemeldet hatte. Vier Mitstreiter fanden sich um 19.30 Uhr ein. „Da es sich um öffentlichen Boden handelt hat der Veranstalter kein Recht, die Leute nur durch zwei Ausgänge rauszulassen“, sagte Jakob. „Und schon gar nicht, die Ausweise zu kontrollieren.“ Ausweiskontrollen fanden allerdings auch gar nicht erst statt – weil die Höchst-Besucherzahl von 20.000 deutlich verfehlt wurde.

Obwohl es nicht zur ganz großen Konfrontation gekommen ist, wird die Sache ein Nachspiel haben: Die Grünen-Abgeordnete Antje Möller will vom Hamburger Senat nun per Kleiner Anfrage erfahren, warum, unter welchen Bedingungen und zu welchem Preis er Tui Cruises diese Sondernutzung genehmigt hat, „obwohl der Gemeingebrauch der öffentlichen Wegeflächen unter Umständen erheblich eingeschränkt wird“.  JANK