Warten auf die Akten

BILDUNGSMINISTERIN WENDE

36 Millionen Euro mehr in der Kasse, weil der Bund die Kosten der Studienförderung Bafög übernimmt, ein zumindest teilweiser Sieg beim Streit der Bundesländer über den Zeitkorridor der Schul-Sommerferien, und jede Menge Rückendeckung durch ihren Ministerpräsidenten: Klingt doch alles super. So könnte Waltraud Wende, parteilose Bildungsministerin in Schleswig-Holstein, ganz entspannt ins Wochenende gehen.

Eigentlich – wären da nicht die anderen Themen, bei denen es nicht so super läuft. Etwa der Krach um die künftige Ausbildung von Lehrkräften, Demos von Eltern und Schulkindern gegen Unterrichtsausfall und natürlich diese Sache mit den Akten, die die Opposition im Kieler Landtag prüfen will. CDU und FDP haben sich auf die politische Quereinsteigerin, die im Vorleben Uni-Präsidentin in Flensburg war, regelrecht eingeschossen. Gelegenheit zu weiteren Gefechten bietet die Landtagssitzung in der nächsten Woche. Gleich mehrere Anträge beschäftigen sich mit Schul- und Bildungspolitik. Eine Chance für die Opposition, erneut die Ministerin aufs Korn zu nehmen.

Waltraud – oder „Wara“, wie die Germanistin und Kulturwissenschaftlerin ihren Vornamen gern abkürzt – Wende hat es in den zwei Jahren ihrer bisherigen Amtszeit mit fast allen Gruppen im Bildungsbereich verdorben. Sie wirkt oft arrogant und bietet durch unbedachte Wortwahl Angriffsflächen. Vor diesem Hintergrund fiel es der Opposition leicht, einen Vertrag zwischen Wende und der Universität Flensburg über ein Rückkehrrecht nach der Zeit im Kabinett zu einem hochkarätigen Skandal hochzujazzen – und dieses Lied spielen CDU und FDP seither mit Begeisterung.

Obwohl Wende längst erklärt hat, sie werde auf die Rückkehroption verzichten, fordern die Oppositionsfraktionen Einsicht in die Akten: Es sei ein „verfassungsrechtlich höchst bedenklicher Vorgang“, dass die Unterlagen, die „unverzüglich“ vorgelegt werden sollten, nach vier Wochen immer noch nicht da seien, gab sich der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki besorgt.

Dabei geht es nicht mehr um die Klärung der Fakten, denn die hatte Wende vor einem Monat bekannt gemacht. Sie hätte beim Ausscheiden aus der Regierung eine Professorenstelle in Flensburg erhalten, wobei der gut bezahlte Job mit einem vollen Sabbatjahr angefangen hätte. Bekannt ist inzwischen auch, dass diese Regelung nicht rechtens war. Denn Wende war zwar Präsidentin, nicht aber ordentliche Professorin in Flensburg und damit nicht im Besitz einer Stelle, auf die sie zurückkehren könnte.

Viele Neues kann in den Akten also nicht stehen, die CDU und FDP einsehen wollen. Oder gibt es doch eine Überraschung? Kubicki jedenfalls will nicht mehr lange warten. Er drohte „rechtliche Schritte“ gegen die Staatskanzlei an.  EST