Ein Muslim soll Nigeria regieren

Nigerias Regierungspartei PDP kürt Gouverneur Umar Yar’Adua zum Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2007. Er soll dem Amtsinhaber Obasanjo nachfolgen

Gouverneure und Delegierte der PDP wurden mächtig unter Druck gesetzt

LAGOS taz ■ „Ich möchte klarstellen, dass die Wirtschaftsreformen, der Kampf gegen Korruption und gegen schlechtes Regieren fortgesetzt werden.“ Das sind die wichtigsten Sätze im nigerianischen Vorwahlkampf. Sie kamen von Umar Yar’Adua, kurz nachdem er von Nigerias Regierungspartei PDP (Demokratische Volkspartei) als Kandidat für die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr aufgestellt wurde. Angesichts der PDP-Wahlmaschinerie erhält der 51-Jährige damit entscheidende Durchschlagskraft. Denn die PDP ist die größte Partei Afrikas und Spiegelbild des Vielvölkerstaats Nigerias mit 140 Millionen Menschen. Am Ende der Militärdiktatur 1998/99 als Sammelbecken von Reformkräften gegründet, ist sie die alles kontrollierende Kraft in Nigeria.

Aber auch die PDP kämpft ständig mit sich selbst. Noch vor kurzem drohte sie an der Frage, wer 2007 Präsident werden soll, zu zerbrechen, nachdem das Parlament Bestrebungen des amtierenden Präsidenten Olusegun Obasanjo, sich per Verfassungsänderung die Kandidatur zu einer dritten Amtszeit zu ermöglichen, eine Absage erteilt hatte. Yar’Adua konnte nun beim PDP-Parteitag am Wochenende drei Viertel der Delegiertenstimmen auf sich vereinigen.

Aber die Weichen wurden vorher gestellt – generalstabsmäßig, in bester militärischer Strategie. Wer könnte das besser als Präsident Obasanjo, selbst ehemaliger General. In der Nacht vor der Nominierung Yar’Aduas kam ein knappes Dutzend PDP-Gouverneure zusammen. Sie selbst hatten in den vergangenen Monaten Kampagnen für ihre eigenen Präsidentschaftsambitionen geführt. Zur Überraschung vieler – vor allem der ahnungslosen Delegierten aus ihren Bundesstaaten – zogen sie sich aus dem Rennen zurück und gaben unisono ihre Unterstützung für Umar Yar’Adua bekannt. Mit einem Schlag waren die meisten der über 4.000 Delegierten aus allen Teilen Nigeria auf Linie gebracht. Dass das alles kein Zufall war, zeigte auch, wie der Versammlungsort geschmückt war: Von den 14 großvolumigen Werbeballons zierten 12 das Gesicht des späteren Gewinners. Zeitgleich wurden die Delegierten mit der Erkenntnis bearbeitet, dass der amtierende Präsident Umar Yar’Adua unterstützt.

„Es ist eine Wahl gewesen, die schon vorher entschieden war“, schrieb eine der größten nigerianischen Tageszeitungen Punch gestern. Vieles deute darauf hin, dass Gouverneure und Delegierte mächtig unter Druck gesetzt wurden. Das geschah wohl mit der stets wirksamen Drohgebärde, die Anti-Korruptionsbehörde auf Widerspenstige loszulassen.

Als Gouverneur des Bundesstaat Katsina, im Norden des Landes und tief muslimisch, gilt Yar’Adua als ehrlicher Politiker. Außerdem spaltet er die einst herrschende nordnigerianische Militärelite, die nach zwei Amtszeiten des Südnigerianers Obasanjo dringend wieder an die Macht will. Für die Vizepräsidentschaft hat sich Yar’Adua wiederum eine PDP-Größe aus dem Niger-Flussdelta im Süden Nigerias gesucht, wo das Öl herkommt und bewaffnete Konflikte toben: Goodluck Jonathan, Gouverneur von Nigerias ärmstem Bundesstaat Bayelsa. Mit diesem Ticket will die PDP sich als einzige Partei profilieren, die alle Landesteile Nigerias repräsentiert. HAKEEM JIMO