Mutti arbeitet nachts
: Familie in Auflösung

Hier hat es sich die Politik mal wieder leicht gemacht und zugleich den Familien schwer. Sicher, es werden nicht gleich am 2. Januar in Hamburg zigtausende Verkäuferinnen bis spätnachts hinterm Tresen stehen. Viele werden vielleicht tatsächlich durch Tarifverträge und hauseigene Absprachen von der Nachtarbeit verschont. Aber eben bei weitem nicht alle. Es wird Mütter geben, die keinen Betriebsrat und keine Gewerkschaft hinter sich haben und es aus Angst um ihren Job nicht wagen, ihrem Chef bei der Dienstplaneinteilung die Stirn zu bieten.

Kommentarvon Kaija Kutter

Hier einen gesetzlichen Anspruch à la Berlin zu formulieren, hätte die Politiker ein paar Tropfen Tinte gekostet. Aber ihnen ist es wichtiger, das Prinzip der Deregulierung hochzuhalten – koste es, was es wolle. Man könnte meinen, etliche Politiker hätten bei den jüngsten Debatten zur Familienpolitik geschlafen. Eltern brauchen Zeit für ihre Kinder. Gesellschaft und Wirtschaft müssen jungen Frauen und Männern deutlich signalisieren, dass Beruf und Kinder vereinbar sind, andernfalls sinkt die Geburtenrate noch weiter.

Es gibt kaum eine Schuldebatte, bei der Politiker nicht die Eltern ermahnen, sie sollten ihre Erziehungsverantwortung stärker wahrnehmen. Bei den Arbeitszeiten, die hier drohen, fragt sich: wann? Es sei denn, wir erzögen auch unsere Kinder zu Nachtmenschen um.

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