Ein Trauerheft

JUBILÄUM Der „Focus“ wird 18 – und schlechter

Mit 17 hat man noch Träume, mit 18 ist man heute wertkonservativ. Nicht wenn es nach Deutschlands spannendstem Veganer Rainer Langhans, sondern nach dem guten alten Focus geht. Der wird heute nämlich volljährig, richtig erwachsen – und sah doch schon immer ganz schön alt aus.

Im Jubelheft, das zum Sonderpreis von 1 Euro die sieche Auflage puschen soll, findet sich daher hübsch vorhersehbar eine Geschichte über die „Generation Optimismus“, die genauso alt ist wie der Focus. Und bei der wie beim am 18. Januar 1993 erstmals erschienenen Nachrichtenmagazin „Coolness war gestern“ zum obersten Gebot erkoren wurde. Vom aktuellen Titel vorn grüßen derweil Frau und Herr Sarrazin mit dem Schlachtruf „Verdummen unsere Kinder?“ Dass sich Focus ausgerechnet zum Jubiläum mit einem derart abgetragenen Zipfel der Sarrazin-Debatte begnügen muss, ist nicht schön, sagt aber aus, wie es um das Heft steht – eben gemeldete Auflage im 4. Quartal 2010 inklusive aller dazugeflunkerten Verkäufe rund 550.000 Exemplare: Focus ist ungefähr so wichtig und einflussreich wie Springers große Welt. Daran kann bislang auch Ex-Welt-Mann Wolfram Weimer nichts ändern, der seit einem guten halben Jahr die Redaktion anführt und – so viel Lob muss sein – nach anfänglichem Hickhack immerhin Herausgeber Markwort in die Schranken gewiesen hat. Weimer hat auch den Listenwahn des Blattes auf eine Grundlage gestellt: Nicht mehr die 100 besten Hautärzte, sondern eher personalisierte Geschichten wie „Die einflussreichsten Deutschen“ oder „Die Besten des Jahres“ grüßten von den jüngsten Titelseiten. Und sogar an einem Julian-Assange-Porträt versuchte sich Focus („Nich ganz dicht?“) – es gab nicht solchen Ärger wie bei dem großen Klops über Stefan Raab im vergangenen Oktober. „Will der nur spielen?“, fragte Focus damals und dichtete so fleißig über den „Metzgerssohn“, dass der sich mit einer der schönsten Gegendarstellung der Pressegeschichte bedankte. Punkt 20: „Hierzu stelle ich fest, dass es sich nicht um mein Mettbrötchen handelt.“ Das ließe sich auch gut vom Focus sagen. STG