Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Manchmal staunt man, in welcher Weise Stoffe, die man eigentlich längst zu den Akten gelegt glaubte, angesichts der Dauerkrisenhaftigkeit unserer Tage wieder ausgegraben und mit äußerster Relevanz aufgeführt werden. Gerhart Hauptmanns Sozialdrama „Die Weber“ beispielsweise, das vom Elend der schlesischen Weber in der Mitte des 19. Jahrhunderts erzählt, die gegen das Unrecht ihrer Ausbeutung aufstanden. Damit stand als Protagonist erstmalig auch die Klasse der Ausgebeuteten auf der Bühne. 1894 wurde Hauptmanns Stück im Deutschen Theater zum ersten Mal öffentlich aufgeführt. Empört kündigte der Kaiser damals seine Loge, angesichts so umstürzlerischer Rinnsteinkunst. Nun bringt Michael Thalheimer das Stück am Donnerstag auf diese Bühne zurück. Auch Maxim Gorkis Roman „Die Mutter“ handelt vom Proletariat, das die politische Bühne betritt, um um sein Recht zu kämpfen. Bertolt Brecht machte dann ein Drama daraus. In der Volksbühne bringt es Mittwoch nun Silvia Rieger heraus. Und ist das auch revolutionär, dass die Volksbühne sich an der Berliner Fashion Week beteiligt, die heute eröffnet wird? Jedenfalls macht das Theater am Rosa-Luxemburg-Platz gemeinsam mit dem Berliner Modelabel adddress einen Modesalon auf. Die Kollektion wird von Schauspielern des Ensembles am Samstag um 17 Uhr zum ersten Mal präsentiert. Es ist von „tragbarer Theatralität in klassisch-modernem Outfit“ die Rede und davon, dass die Entwürfe exklusiv für die Volksbühne gefertigt wurden. Großartige, aber wahrscheinlich untragbare Theatralität zeichnet die Kostüme des japanischen No-Theaters aus. Mittwoch und Donnerstag gastiert das Komparu-Ensemble Tokyo, dessen Tradition auf einen berühmten japanischen Schauspieler aus dem 15. Jahrhundert zurückgeht, im Haus der Kulturen der Welt.

■ „Die Weber“: Deutsches Theater, ab Do

■ „Die Mutter“: Volksbühne, ab Mi

■ Adddress-Salon: Volksbühne, Sa, 17 Uhr

■ Komparu-Ensemble: Haus der Kulturen der Welt, Mi + Do