DEUTSCHLAND – PORTUGAL IM ABOUT BLANK IN FRIEDRICHSHAIN
: Das „wir“ gewinnt

SVENJA BEDNARCZYK

About Blank, antinational Fußball gucken. Diese Stichwörter reichen aus, um im Bekanntenkreis eine große Patriotismusdebatte anzustoßen. „Es ist okay, die deutsche Mannschaft gut zu finden“, „… die deutsche Fahne gut zu finden“, „… Deutschland gut zu finden“, sagen selbst Linksdogmatiker.

Auch auf der Facebookseite des About Blank, das nur die Deutschlandspiele und alle Finalspiele zeigt und sein Public Viewing „Spiele gegen Deutschland“ genannt hat, wird diskutiert. Allerdings etwa so: „Da rufen Tausende Menschen in Brasilien dazu auf, diese verdammte scheiß WM zu boykottieren und ihr, die ihr euer tolles ‚antinationales‘ Selbstverständnis habt, bewerbt diesen Mist trotzdem.“ Oder „Scheiß WM. Für mehr Solidarität mit den Kämpfenden in den Favelas.“

So oder so: Rund 150 Leute wollen das Spiel Deutschland gegen Portugal im About Blank sehen. Der Club verspricht „trachten- und hymnenfreies Fußballgucken im antinationalen Ambiente“. Flaggen und Trikots sind verboten – auch die Israelflagge, die eine antideutsche Begleitung mitbringen wollte, darf nicht rausgeholt werden. Statt Fähnchens hängen im Garten des About Blank bunte Kunstblumen, während der Hymnen wird der Ton ausgeschaltet. Der ARD-Kommentator, der von Deutschland gern in der ersten Person Plural, im „wir“ spricht, hat allerdings wieder Ton. Und auch die Werbung, die es immer wieder aufs Neue schafft, lauter nationale, rassistische und sexistische Inhalte in 30-Sekunden-Spots zu transportieren, läuft mit Ton.

Das erste Tor für Deutschland fällt. „Wer hat das gemacht?“, frage ich, „Hummels?“. „Hitler“, antwortet meine sichtlich enttäuschte antideutsche Begleitung. Nicht, weil Deutschland gerade gewinnt, sondern weil ihr die Veranstaltung nicht antinational genug ist. „Das Gemeinschaftsgefühl soll den Konkurrenzdruck und die Zwänge der Leistungsgesellschaft, die man sonst im Alltag hat, vergessen machen“, sagt sie.

Am Ende steht es 4:0 für „uns“. Zwischendurch haben einige Besucher für Deutschland gejubelt – vielleicht auch nur für guten Fußball. Fazit des Guckens im About Blank: insgesamt locker und undogmatisch mit teuren Getränken.

Danach verschleppt uns die antideutsche Begleitung noch in eine einschlägige Kneipe in Neukölln, die „antinational“ wirklich ernst meint. Am Nebentisch wird ein Besucher mit Schland-Trikot lautstark angepöbelt und rausgeschmissen. Eine Flasche Sternburg-Bier kostet 1,60 Euro. Und an der Bar gibt es für drei abgerissene Autoflaggen fünf Schnäpse aufs Haus.

Heimmannschaft: alle Menschen ohne Flaggen

Gästeblock: keiner

Stadionimbiss: Bratwurst

Ersatzbank: die Kneipe „Zukunft“ in der Straße nebenan. Die Leute dort kennen das Ergebnis immer 15 Sekunden früher. Oder richtig antinational: das Tristeza in der Pannierstraße in Neukölln

Rote Karte: Nazis und Hunde