Den alten Muff besiegen

Das Westfälische Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster hat kein gutes Standing. Wenig Besucher, viel Kritik. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe steht unter Druck und baut um

VON PETER ORTMANN

Draußen müffeln die verbrannten Bratwürstchen auf dem berühmten Münsteraner Weihnachtsmarkt. Im Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte gleich nebenan riecht es eher nach dem Muff alter Schulgebäude. Das Flaggschiff des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) ist in die Kritik geraten. Unter seinem neuen Direktor Hermann Arnhold habe das Museum seinen internationalen Ruf verloren.

„So lange ist der ja noch nicht im Amt“, sagt Museumssprecher und Marketingchef Daniel Müller Hofstede. Momentan befinde sich das Museum in einer Übergangsphase. In der letzten Woche hat der Landschaftsausschuss des LWL beschlossen, das alte Schätzchen für 27 Millionen Euro umzubauen. Weitere neun Millionen Euro will das Land Nordrhein-Westfalen beisteuern. Der Umbau soll bis zum Jahr 2010 abgeschlossen sein. „Im nächsten Jahr wird geplant“, sagt Müller Hofstede. Ein Entwurf des Berliner Architekten Volker Staab (ein Spezialist für Museumsbauten) liege seit zwei Jahren vor. Seine 44-Millionen-Euro-Idee müsse jetzt zwar abgespeckt werden, doch „sei man endlich auf dem Weg“. Auch wenn der LWL sich dafür gegen das Projekt „Kulturforum Westfalen“ in Münster entscheiden musste. Das neue Museum für Gegenwartskunst ist damit vom Tisch. „Der öffentlichen Hand geht das Geld aus“, sagt Müller Hofstede. Die Entscheidung sei unter den gegebenen Umständen sinnvoll.

Der Altbau von 1908 am Domplatz wurde bereits vor neun Jahren renoviert, der Anbau von 1970 ist jetzt fällig. Zurecht. Die Ausstellungen gehen in dem kleinteilig verzweigten Gebäude ziemlich unter. Zurzeit zeigt das Museum drei Ausstellungen. Und die können eigentlich der aktuellen Kritik standhalten: Der Fotograf Christian Gieraths erhielt in diesem Jahr den Förderpreis der Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kulturarbeit (GWK). Die Arbeiten des Schülers von Ulrich Erben und Daniele Buetti an der Kunstakademie Münster sowie von Thomas Ruff an der Kunstakademie Düsseldorf zeigen unspektakuläre, menschenleere Orte in fernen Ländern. Bei den Innen- und Außenräumen in Sarajewo oder in Tokio, Havanna und Kapstadt geht es allerdings nicht ums Dokumentarische. Gieraths zeigt im ehrwürdigen Altbau des Museums architektonische Flächen, deren Inhalte und Requisiten durch Zufall vor die Linse geraten. Die Ausstellung zum 50. Geburtstag des GWK präsentiert sechs, inzwischen international arbeitende, ehemalige Förderpreisträger. Und im Erdgeschoss widmet man die Räume dem diesjährigen Konrad von Soest-Preisträger. Das ist der 1925 geborene Bildhauer Erich Reusch, der laut Ex-documenta Chef und Leiter der Kunstakademie in Münster, Manfred Schneckenburger, einer der wichtigsten und innovativsten deutschen Bildhauer des 20. Jahrhunderts ist.

Dennoch besuchten diesem Jahr gerade einmal 60.000 Menschen das Landesmuseum. Zu wenig, um überregional noch Aufmerksamkeit zu erregen, findet Marketingchef Müller Hofstede. In Münster könne man eben nicht mit „sexy Namen“ mal eben 200.000 Besucher in eine Ausstellung locken. Der Markt sei da versaut. Gerade im Ruhrgebiet und in der Landeshauptstadt sprängen für große Künstlernamen „fette Sponsoren wie Eon oder RWE in die Bütt“. Da gingen selbst Münsteraner Ausstellungen mit Ernst Ludwig Kirchner oder zum 9. Mai 1945 in der Wahrnehmung unter.

Aber 2007 finden die Skulpturen-Projekte statt. 35 Künstler aus aller Welt zeigen ihre zeitgenössischen Kunstwerke im öffentlichen Raum. Da erwartet Münster drei- bis viermal so viele Besucher wie in diesem Jahr.

Christian Gieraths 2000 - 2005Bis 07. Januar 2007Infos: 0251-5907230