Hotel mit Zukunft

Die Stadt Delmenhorst hat das „Hotel am Stadtpark“ gekauft, um einen Kauf durch Neonazis zu verhindern. Doch was jetzt mit dem maroden Bau? Die taz nord macht sechs Vorschläge

Scientology-Filiale

Eine Niederlassung der Scientologen mit ihren pseudowissenschaftlichen Seelentestgeräten wäre viel besser als das popelige Schulungszentrum, das die Neonazis ursprünglich geplant hatten. Große Umbauten wären für die Vermietung nicht nötig. Den Bürgern von Delmenhorst müsste klargemacht werden, dass Scientologen das kleinere Übel sind. Der unübersehbare Clou: Klappte der Deal, würde eine zwielichtige, mit Immobiliengeschäften reich gewordene Sekte den viel zu hohen Kaufpreis für das Hotel abstottern.

NS-Museum

Eine Dauerausstellung „Delmenhorst im Dritten Reich“ wäre ein gutes Gegengift zu den Aktivitäten der Neonazis. Das Problem: Allen Delmenhorstern müsste verbrieft werden, dass ihr Opa kein Nazi war. Sonst gibt es noch böses Blut. Auf der PR-Welle des Widerstands gegen das Neonazi-Zentrum surfend, könnte sich Delmenhorst dauerhaft als Bollwerk gegen Rechts profilieren und Touristen aus Bremen abgreifen.

ECE-Center

Charmant wäre die Einrichtung eines ECE-Einkaufszentrums in dem ehemaligen Hotel. Wenn auch weniger pittoresk als das in denselben Genuss kommende Oldenburger Schloss, böte das ECE-Hotel den Delmenhorstern schon bald die Chance zum Grusel-Shopping.

Andere Option: Man verlagert das für Oldenburg beschlossene ECE-Center komplett nach Delmenhorst. Womit auch das Umfaller-Problem des Oldenburger Oberbürgermeisters Gerd Schwandner gelöst wäre, der mit dem Versprechen zur Wahl antrat, das Shopping-Center zu verhindern. Und die paar Prozent weniger an Einkaufsfläche, die eine Verlagerung bedeuten würde, wird er den Betreibern schon abringen können. Kleines Problem: die Anfahrt von Oldenburg aus. Vielleicht könnte dies mit einem stündlichen Shuttle-Service gelöst werden.

In-Door-Kletterwand

Damit zumindest der Makel mit den mangelnden Bergen im Norden mal behoben ist und die perverse Ski-Halle in der Lüneburger Heide ein Pendant bekommt. Oben am Gipfel: Dauerausstellung über Neonazis und ihre Methoden, konzipiert von taz-Kolumnist und Neonazi-Experte Andreas Speit. Problem dabei: Das Gebäude müsste entkernt werden. Für die Gestaltung der Wand könnte der Bremer Alpenverein wertvolle Hinweise geben.

Iranisches Konsulat

Immerhin hätte das Hotel fast einmal Leuten gehört, die den Holocaust wenn nicht begrüßen, so doch seine Darstellung für reichlich übertrieben halten. Dem iranischen Präsidenten Machmud Ahmadinedschad könnte das gefallen. Vorteil: solventer Mieter. Nachteil: Möglicherweise ziehen die Neonazis als Untermieter ein.

Space-Park

Die Bremer Investitionsruine könnte in dem Delmenhorster Hotel wieder aufgebaut werden. Eine Stadt, die es schafft, die Neonazis zu vertreiben, lockt auch Touristen in einen besucher-resistenten Freizeitpark. Als besondere Attraktion könnte einmal im Jahr zum Kauftermin des Hotels der „Neonazi des Jahres“ auf den Mond geschossen werden – in einer von Bremens Alt-OB Henning Scherf gebastelten Raketenattrappe. KNÖ/PS/KLI/WIE

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