Frau Hendricks hisst die Fahne

CSD Das SPD-geführte Bundesumweltministerium zieht die Regenbogenflagge auf. Das Innenministerium allerdings erfreut das nicht. Schuld ist der „Beflaggungserlass“

Das „Hissen der ‚Regenbogenflagge‘“ wird nicht erlaubt

VON HANNA GERSMANN

BERLIN taz | Es klingt so selbstverständlich. „Barbara Hendricks lässt vor dem Berliner Dienstsitz des Bundesumwelt- und Bauministeriums die Regenbogenflagge hissen.“ So liest man seit letzten Freitag auf der Internetseite. Dann wehte das Symbol der Homosexuellenbewegung vor dem Ministerium am Potsdamer Platz in Berlin.

Am Dienstag war sie verschwunden. An dem Tag, an dem deutschlandweit Politiker der Opfer des Aufstandes am 17. Juni 1953 in der DDR gedenken, müssen die Deutschland- und die EU-Fahne aufgezogen werden. Die Frage aber ist: Wie lange wird die Regenbogenfahne danach hängen? Denn sie erfreut vielleicht manche. Aber längst nicht alle.

Anlass ist der Christopher Street Day, besser: die CSD-Saison. Schon seit 1979 gehen in diesen Wochen weltweit Menschen auf die Straße, um für die Rechte von Homo- und Transsexuellen einzutreten. An Dienstgebäuden des Bundes hing die Flagge bisher noch nie.

Hier ist die Sache anders geregelt. Das ist einem Schreiben zu entnehmen, das die Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Cornelia Rogall-Grothe, am 5. Juni dieses Jahres verschickt hat. Es liegt der taz vor. Die Botschaft: BundesministerInnen dürfen keine Regenbogenflaggen setzen. Hendricks kümmert das jedoch nicht.

Das Outing der offen homosexuellen Bundesministerin war unspektakulär. Ein Reporter der Rheinischen Post schrieb nach ihrem Amtsantritt über den Umzug der SPD-Politikerin aus Nordrhein-Westfalen nach Berlin. Dann folgte der Satz „Deshalb wird sie heute mit ihrer Lebenspartnerin auch das Silvesterfest in der Hauptstadt verbringen.“

Hendricks und ihre Leute fragten wegen der Fahne nicht mal nach. Anders als ihre Kollegin aus dem Familienressort, Manuela Schwesig. Deren Haus hatte dem Innenministerium Mitte Mai mitgeteilt, die Regenbogenfahne „vom 14. bis zum 21. Juni 2014“ setzen zu wollen. So steht es in Rogall-Grothes Schreiben, das eigentlich nur an Schwesigs Ministerium gerichtet war.

Doch die Absage ging dann mit der Bitte „um Beachtung in Ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen“ an alle Ressorts. Es ist ein hübsches Stück darüber, was in Deutschland wie geregelt ist.

Darin heißt es: „Andere Flaggen als die Bundesdienstflagge, die Bundesflagge, die Europaflagge, die Flaggen der Länder und die Flaggen der Gemeinde bzw. Gemeindeverbände dürfen nur mit Genehmigung des Bundesministeriums des Inneren gesetzt werden“. So sehe es der „Beflaggungserlass“ vor. Seltene Ausnahmen seien „Logo-Flaggen“, etwa während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007. Weiter schreibt die Innenstaatssekretärin, dass „nur bei konsequenter Beibehaltung der Linie“ eine bundesstaatliche Neutralität gewährleistet werden könne. Ihr Fazit: Die Genehmigung zum „Hissen der ,Regenbogenflagge‘“ werde „nicht erteilt“.

Schwesig hisste die Flagge letzten Donnerstag trotzdem. Sie lud mehrere homosexuelle Paare mit Kindern ein und plädierte für eine „tolerante und weltoffene Gesellschaft“. Am Montagmorgen zog sie die Fahne dann aber, wohl nur zwischenzeitlich, wieder ein. Das habe mit dem Schreiben aus dem Innenministerium nichts zu tun, versicherte Schwesigs Sprecherin. „Wir haben uns in der Regierung verständigt, es dieses Jahr so zu machen“, sagte sie. Wie es dann weitergehe, bedürfe der Klärung.

Und was macht Umweltministerin Hendricks? Ihr Sprecher versichert, die Fahne werde ab Mittwoch „wieder wehen und für den Rest der Woche oben bleiben“.