113 EURO MEHR BAFÖG: KINDERKRIEGEN IM STUDIUM WIRD ERLEICHTERT
: Kitas in die Hochschulen

Mit Kind zu studieren war schon immer eine widersprüchliche Geschichte. Im Osten galt es als ganz normal, aber das ist längst vorbei. Im Westen war der Kinderwagen vor dem Seminar in der Regel ein Grund, das Studium abzubrechen. Das soll jetzt offenbar anders werden, denn Studieren mit Kind wird für Bafögempfänger attraktiver: 113 Euro monatlich gibt es für diejenigen mehr aufs Konto, die mit Kind Richtung Examen streben. Das ist eine erfreulich satte Erhöhung. An den Unis rechnete man bislang mit Bafög-Novellen im Pizzaformat, also Zuwächsen im 10-Euro-Bereich. Aber wie immer bei der Familienrevolution, die derzeit im ganzen Land angezettelt wird, hat die Sache einen Haken: Geld allein macht studierende Papis und Mamis nicht glücklich.

Die Situation von Studierenden mit Kind ist, freundlich gesagt, miserabel. Ohnehin gehören sie zu einer Randgruppe: Ganze sechs Prozent der Studierenden haben Kind(er), und sie sind durchschnittlich zehn Jahre älter als die Kommilitonen ohne Nachwuchs. Nur ein Mikroanteil der studierenden Mütter und Väter wagt sich mit ihren Kleinen im Kindertuch in den Hörsaal. In der Regel werden komplizierte Konstrukte der Fremdbetreuung gebastelt. Was aber noch schwerer wiegt, sind die Familienstrukturen, die in solchen Umständen gedeihen: Student verdient das Geld, Studentin hegt das Kind und studiert weniger. Dieses altbackene Modell hat die Studentenforscherin Elke Middendorf selbst in den ach so progressiven Studikreisen entdeckt.

Wenn die Universität kinderfreundlicher werden will, muss sich also verdammt viel tun. Ganz andere Rahmenbedingungen sind gefragt. Das heißt, der Kindergarten an der Hochschule darf nicht die Ausnahme sein, sondern muss die Regel werden. Und das Klima an den Hochschulen müsste sich ändern. Mit anderen Worten: Eine Universität, die 40 und mehr Prozent eines Jahrgangs hochqualifizieren soll, darf Studierende mit Kind nicht mehr als Anomalie ansehen, sondern als eine unverzichtbare Variante des Wegs in die Wissensgesellschaft. CHRISTIAN FÜLLER