Kontrolle ja, Machtverlust nein

DIOXINSKANDAL Beim Krisengipfel der Agrarländer wollen alle bessere Kontrollen der Futtermittelindustrie. Aber die Länder lehnen mehr Kompetenzen für den Bund ab

„Der Plan enthält nur Selbstverständlichkeiten“, sagen die kritischen Bauern

AUS BERLIN JOST MAURIN

Bei der Krisensitzung der deutschen Agrarminister zum Dioxinskandal hat sich eine Einigung auf schärfere Kontrollen von Futtermitteln abgezeichnet. „Wir können bei der Verbindlichmachung von Eigenkontrollen durch die Unternehmen etwas erreichen“, sagte Niedersachsens Staatssekretär Friedrich-Otto Ripke am Rande des Treffens am Dienstag in Berlin.

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hatte vorgeschlagen, dass die Hersteller künftig ihr Futter unter anderem auf Dioxine testen müssen. Offen war bis Redaktionsschluss allerdings nach Ripkes Aussage, ob die Firmen nur Fette oder sämtliches Material überprüfen sollten.

Keine Einigkeit herrschte dagegen bei der Frage, ob dem Bund bei der Kontrolle der Futtermittel mehr Kompetenzen zugestanden werden sollten. Die Länder standen dieser Forderung ablehnend gegenüber, die Aigner im Rahmen des Skandals erhoben hatte, die aber der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern im Grundgesetz widerspricht.

Die rheinland-pfälzische Verbraucherschutzministerin Margit Conrad (SPD) hatte sich schon vor dem Treffen gegen mehr Einfluss des Bundes bei Futtermittelprüfungen gewandt. „Ich wüsste nicht, welche“, sagte Conrad. Sie zeigte sich aber offen für Aigners Zehnpunkteplan. Es gebe keine großen Gegensätze. Nordrhein-Westfalens Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) sagte, einheitliche Standards seien auch eine Frage des Geldes. Er fordert eine Agrarwende hin zu mehr Öko.

Im jüngsten Dioxinskandal war das Gift über Fette aus der Biogasproduktion in Futter für Schweine und Geflügel gelangt. Fleisch und Eier der Tiere überschritten die gesetzlichen Grenzwerte für das Gift zum Teil drastisch und gelangten dennoch teilweise in den Handel.

Die Behörden sperrten zwischenzeitlich tausende Bauernhöfe. Kritische Bauern, Verbraucher- und Umweltschützer versprachen sich wenig von dem Ministertreffen. „Sie haben auf der Basis eines Aktionsplans von Frau Aigner verhandelt, der nur Selbstverständlichkeiten enthält“, sagte Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL).

„Der Plan ändert nichts an der industriellen Massentierhaltung, die Risiken verursacht“, erklärte die Agrarexpertin Reinhild Benning vom Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND). Der Staat solle lieber die Bauern dazu verpflichten, Futter überwiegend selbst anzubauen. So hätten sie bessere Kontrolle über die Qualität, und Verschmutzungen wären automatisch begrenzt.