Zum Beispiel schöne Lieder über so sagenhaft langweilige Dinge wie Besaufen am Helmholtzplatz: Neues von Uta Köbernick und Erik & Me

Um zu Uta Köbernick zu gelangen, kommt man an Dota Kehr nicht vorbei. Die Kleingeldprinzessin, die sich mit ihren Stadtpiraten eine nicht unerhebliche Gefolgschaft erspielt hat, tritt zusammen mit Köbernick auf und bringt deren neues, zweites Album „Auch nicht schlimmer“ auf ihrem Kleingeldprinzessin-Label heraus. Außerdem sieht die aus Berlin stammende, mittlerweile in Zürich lebende Köbernick in ihrer pferdeschwanzbezopften Unscheinbarkeit dazu noch aus wie die kleine Schwester von Kehr. Und nicht nur das: Auch ihre Musik, der Folk-Unterbau, die Texte aus dem Bauch der irgendwie linken, irgendwie alternativen Szene erinnern an die bekanntere Kollegin.

Immerhin aber deren Hang zum südamerikanischen Rhythmus hat Köbernick nicht übernommen. Die Lieder der 25-Jährigen haben weniger politischen Anspruch, sind wesentlich entschiedener aufs Innen- und Gefühlsleben ausgerichtet. Das mag zwar nicht immer sonderlich aufregend oder gar glamourös sein, aber selten zuvor hat jemand so wahrhaftig und schön über so sagenhaft langweilige Dinge wie Besaufen am Helmholtzplatz und das Zubereiten von Tee im Krankheitsfall, den Nikotinkonsum in einer frühmorgendlichen Küche oder die Freuden einer langjährigen Paarbeziehung („Zum Fremdgehn gibt’s so viele Leute, zum Treusein haben wir nur uns“) gesungen.

Ihre immer alltäglichen, aber niemals banalen Beobachtungen und Erkenntnisse singt die studierte Schauspielerin Köbernick zudem, das hilft ungemein, mit einer Stimme, der es gelingt, die Lakonie des Augenblicks mit einer Dringlichkeit im Ausdruck zu verbinden. Dieses Experiment wird von einer stets zurückhaltenden, um nicht zu sagen: kaum vorhandenen Begleitung bei den Liedern ausdrücklich nicht gestört.

Das kann man von Erik & Me nicht eben behaupten. Erik Lautenschläger, auf seine Pankower Herkunft stolzer Liederschreiber, hat sich nicht umsonst eine vierköpfige, zur Hälfte kanadische Band zusammengestellt. Die will auf „Versteck“, dem dritten Album der Band, nun auch am Bass zupfen, hörbar aufs Schlagzeug hauen, auf die Keyboardtasten drücken und vor allem elektrische Gitarren bearbeiten. Die können sich aber nicht entscheiden, ob sie nun eher nach englischem Indie-Pop klingen wollen, nach wüstenweiter Americana oder vielleicht lieber doch nach der momentan ja wieder angesagten New Wave der achtziger Jahre. So unentschieden Erik & Me auch mitunter klingen, finden sie doch meist einen angemessenen Zugang zu den Texten ihres Sängers.

Der neigt bisweilen zum Pathos, das dann mit einem eher transparenten Klangbild abgemildert wird. Aber wenn Erik Lautenschläger seine Stärke ausspielt, nämlich ziemlich genau hinzugucken, wenn Menschen allzu sehr mit sich beschäftigt sind, dann nehmen sie sich die Freiheit heraus, dazu die kräftigen, dickflüssigen Harmonien auszupacken und so lange auf ihnen rumzureiten, bis sie fast am Art-Rock nicht mehr vorbeikommen. THOMAS WINKLER

■ Uta Köbernick: „Auch nicht schlimmer“ (Kleingeldprinzessin Records), live (mit Dota Kehr) am 24. 1. Grüner Salon, 26. 1. Zebrano

■ Erik & Me: „Versteck“ (R.D.S./ Cargo), 22. 1. Magnet