domain-klau
: Die wollen doch nur spielen

Eine Kneipe, irgendwo in Nordrhein-Westfalen: Ein Politikwissenschaftler sitzt vor seinem Bier und entwirft ein düsteres Bild der kommenden drei Jahre. „Was soll ich machen? Ich bin Wahlforscher, und es gibt keine einzige Wahl“, sagt er. Ein Märchen? Nee, das ist kein Witz.

KOMMENTAR VON KLAUS JANSEN

Fans des ritualisierten politischen Piesackens haben es in diesem Jahr schwer gehabt. Jürgen Rüttgers thronte als christdemokratischer Ministerpräsident über den Dingen, ein rauflustiger Widerpart war nicht in Sicht, die Abteilung Kampagne in der SPD fast eingeschlafen. Die Nominierung von Hannelore Kraft als Rüttgers-Herausforderin hat nun die Lebensgeister der Politik-Nerds neu geweckt: Nur wenige Tage nach Krafts Aufstellung hat sich die Junge Union die Rechte an fast allen kampagnentauglichen Websites gesichert. Endlich Wahlkampf, haben sich die Jungpolitiker gedacht. Aussichten auf Karriere, Spaß, Plakate drucken, Plakate klauen, Sich-überlegen-fühlen und Auf-Strategierunden-fettige-Pizzen-vernichten.

Der geglückte Klau von Hannelore Krafts Internetdomains ist ein Wahlkampfstreich, wie er nicht schöner sein könnte. Bestimmt fühlte er sich genauso gut an wie das erste Klingelmännchen beim Nachbar. Der Spaßfaktor ist hoch, die Aussage gleich Null. Oder doch nicht? Ein bisschen passt es auch ins Bild, dass die Jungkonservativen schneller waren als die schläfrige Sozen-Konkurrenz. Denn die einen haben im Gefühl der Unbesiegbarkeit Freude an der Auseinandersetzung, den anderen wird beim Gedanken an 2010 mulmig.

Zur Erinnerung: Die wenigen SPDler, die mit der schnellen Kür von Hannelore Kraft nicht einverstanden waren, warnten davor, dass drei Jahre Dauerwahlkampf doch ganz schön schwer werden könnten. Liebe Sozen: So geht das nicht! Neben aller inhaltlichen Neuaufstellung muss auch der Spaß am Kleinklein wieder her. Kleiner Tipp: Die Internetadresse www.ruettgers2010.de ist noch frei.