Briten stürmen Knast in Basra

In der südirakischen Stadt werden 127 Gefangene, denen angeblich die Hinrichtung drohte, befreit und den Sicherheitskräften übergeben. Die Polizeistation war das Quartier einer berüchtigten Truppe

VON BEATE SEEL

Nach der Erstürmung und Sprengung der Dschamiat-Polizeistation im südirakischen Basra sind die britischen Streitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt worden. Man rechne mit Angriffen, erklärte Major Charlie Burbridge gestern. Ein Sprecher des irakischen Verteidigungsministeriums erklärte, die Regierung habe das Vorgehen gebilligt. In Basra selbst stieß die Militäraktion bei Politikern und der Polizei auf Ablehnung. Über 800 britische und 600 irakische Soldaten hatten bei dem Angriff 7 Bewaffnete getötet und 127 Gefangene verlegt.

Die Polizeistation in Basra war in der Nacht zum Montag gestürmt worden. Man habe geheimdienstliche Hinweise erhalten, dass irakische Polizisten Untersuchungshäftlinge hinrichten wollten, so ein britischer Militärsprecher. Offenbar hatten diese zuvor Wind von der schon länger geplanten Aktion bekommen, die deswegen um einige Stunden vorgezogen wurde. Die Mitarbeiter der Polizeistation konnten britischen Angaben zufolge entkommen.

Die Haftbedingungen seien unbeschreiblich gewesen, sagte Burbridge nach einem Bericht der New York Times. Über 100 Männer seien in eine Zelle von etwa 110 Quadratmetern zusammengepfercht gewesen. Es habe nur zwei offene Toiletten und zwei Waschbecken sowie einige Decken auf dem Zementboden gegeben. Zahlreiche Gefangene wiesen dem Bericht zufolge Folterspuren wie etwa zerquetschte Hände oder Füße sowie Verbrennungen auf. Andere hatten Schussverletzungen. Die 127 Gefangenen wurden anderen irakischen Sicherheitskräften übergeben.

Im Irak sind rund 7.000 britische Soldaten stationiert, die meisten in der Region Basra. Die dreistündige Aktion vom Montag war eine der umfangreichsten der britischen Armee seit dem Krieg 2003. Burbridge sagte, das Vorgehen sei Teil einer langfristigen Strategie, das Ansehen der irakischen Polizei wiederherzustellen und sie effektiver und verantwortungsvoller zu machen.

Die Dschamiat-Polizeistation war das Hauptquartier einer für ihre Brutalität berüchtigten Polizeieinheit für schwere Verbrechen, die offenbar ihrem Namen alle Ehre macht, indem sie die Verbrechen nicht bekämpft, sondern selbst begeht. Nach Angaben von Burbridge gegenüber der NYT tritt sie als Todesschwadron auf. Hinter ihr stünden einflussreiche Milizen, darunter die Mahdi-Armee des radikalen schiitischen Predigers Muktada al-Sadr. Wie auch in Bagdad und anderen Städten des Landes gelten die Sicherheitskräfte als zum Teil von Milizen und Todesschwadronen unterwandert. Im Oktober löste die irakische Regierung eine ganze Polizeibrigade in Bagdad auf, weil sie im Verdacht stand, an ethnischen Morden beteiligt gewesen zu sein. Anders als in der irakischen Hauptstadt geht es bei der Gewalt in der überwiegend schiitischen Hafenstadt Basra jedoch nicht um ethnisch motivierte Morde, sondern um innerschiitische Rivalitäten, Stammeskonflikte und organisierte Kriminalität.