Übers Netzwerk auf die Bühne

TANZ Bislang gab es in der Region Braunschweig vor allem klassisches Ballett zu sehen. Mit dem neuen Festival „Fresh“ will das Staatstheater nun Brücken schlagen zum zeitgenössischen Tanz

Vergleichbares gab es hier lange nicht. Wer in Braunschweig zeitgenössischen Tanz sehen wollte, machte bis vor ein paar Jahren um das Staatstheater einen großen Bogen – und sich auf den Weg nach Hannover, Hamburg oder Berlin. Fast ausschließlich klassisches und neoklassisches Ballett war in Braunschweig zu sehen.

Das soll sich ändern: mit einem neuen, jährlich abgehaltenen Festival. „Die Idee von ‚Fresh‘ ist, ein ganz regional-punktuelles Festival zu machen, das Choreografen, die frei arbeiten, und Choreografen, die an Staats- und Stadttheatern produzieren, zusammenbringt“, sagt Jan Pusch, seit 2010 künstlerischer Leiter am Staatstheater Braunschweig und Initiator des neuen Festivals – „und zugleich dem Publikum die Möglichkeit gibt, Arbeiten zu sehen, die sonst nicht an einem Ort wie dem Staatstheater zu sehen sind“.

Ungewöhnlich ist, wie Pusch den Kontakt mit Tanzschaffenden aus aller Welt hergestellt hat: Über das soziale Netzwerk Facebook. „Ich habe Freundschaften hergestellt und den Aufruf mit der Aufforderung verbunden, das zu teilen. Das ging an Tänzer wie an etablierte Choreografen, es konnten alle einfach Sachen empfehlen und Leute auf den Aufruf hinweisen“, erzählt Pusch. Überraschend groß sei die Resonanz gewesen: 200 Künstler meldeten sich, schickten Videos oder Konzepte von Stücken, die noch Work in progress waren, „so viel habe ich gar nicht erwartet“, sagt Pusch. „Dann habe ich wahnsinnig viel geguckt und telefoniert.“

Eingeladen hat er schließlich zwölf kurze Arbeiten, jeweils höchstens 20 Minuten lang. „Ich wollte etwas haben, wo die Zuschauer möglichst nah dran sind, wo man wirklich in Kontakt kommt.“ Versucht habe er deshalb auch, sich als Choreograf zurückzunehmen, sagt Pusch: „Was vermittelt sich, ohne dass ich das Programmheft gelesen habe, ohne dass ich etwas über Tanz weiß? Ich habe Sachen gesucht, die sehr persönlich sind, bei denen ich gedacht habe, das löst etwas in mir aus.“

Stücke wie die Soloperformance der Israelin Shiva Eviatar, die ihre Arbeit „Body Roots“, in der sie sich mit Fotomasken auf die Suche nach den Spuren ihrer Verwandten in ihr macht, nun in Braunschweig uraufführt. Schon im nächsten Jahr soll „Fresh“ wieder stattfinden. MATT

■ Eröffnung: Freitag, 27. 6., 19.30 Uhr, Staatstheater Braunschweig, Kleines Haus. Bis So, 29. 6. Programm und Infos: http://staatstheater-braunschweig.de/nc/tanz/produktion/details/fresh/