Muslime dürfen neue Moschee bauen

Ab Januar wird an Ostberlins erster islamischer Gebetsstätte gearbeitet, denn die Behörden haben der Ahmadiyya-Gemeinde die Baugenehmigung erteilt. Die Gegner des Gotteshauses wehren sich weiter, sie halten die Gemeinschaft für gefährlich

AUS BERLIN HEIDE OESTREICH

Den langen Auseinandersetzungen um eine geplante Moschee im Ostberliner Bezirk Pankow werden nun Taten folgen: Kurz vor Weihnachten, am vergangenen Freitag, hat das zuständige Bezirksamt die Baugenehmigung erteilt. Anfang 2007 will die kleine Ahmadiyya-Gemeinde Berlins mit dem Bau einer zweistöckigen Moschee mit zwölf Meter hohem Minarett in der Pankow-Heinersdorfer Tiniusstraße beginnen, bestätigte ihr Imam Abdul Basit Tariq der taz.

Es ist die erste Moschee im Osten Berlins – und sie wird vehement bekämpft. Eine Bürgerinitiative hat bereits zwei Bürgerbegehren dagegen lanciert, die jeweils für unzulässig erklärt wurden. Die NPD fuhr auf dem Trittbrett mit und gründete flugs einen Ortsverband in Pankow. Der CDU-Spitzenkandidat für die Berliner Wahl im vergangenen September, Friedbert Pflüger, witterte populistischen Gewinn und sprach sich gegen das Projekt aus. Das aber stand juristisch nie in Frage – schließlich gilt in Deutschland die Religionsfreiheit auch für Muslime. Für heute Abend ruft die Bürgerinitiative dennoch zu einer Lichterkette vor dem Grundstück auf – für die vor Ort erhältlichen „Leuchtmittel“ sei „Kleingeld mitzubringen“, heißt es im Aufruf.

Imam Tariq lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen: „Diese Leute machen ihre Arbeit, wir machen unsere“, so sein Verständnis von professionellem Lobbyismus. Dazu gehört, dass die Gemeinde in den nächsten Tagen einen vierseitigen Brief an ihre zukünftigen Nachbarn verschickt, in dem der Imam „Missverständnisse“ ausräumen möchte. So werde vom Minarett kein Gebetsruf erschallen, es sei ein reines „Zierminarett“, so wird beteuert. Die Freitagspredigt werde auf Deutsch und Urdu gehalten, und jeder Heinersdorfer könne gerne zuhören.

Die Bedenken der Heinersdorfer allerdings sind weit grundlegenderer Natur: „Wer ja sagt zur Ahmadiyya, sagt nein zur Demokratie“, haben sie beispielsweise für eine ihrer Demos auf ein Laken geschrieben. Sie begründen das mit einer Studie, laut der der Kalif, das Oberhaupt der Ahmadiyya, das Ziel erklärt haben soll, auch die politische Macht zu erobern. In der Studie ist auch zu lesen, dass die Ahmadiyya den Frauen weit weniger Rechte einräumen als den Männern. „Die Heinersdorfer sind im Prinzip nette Leute“, sagt der Imam dazu, „sie haben nur falsche Informationen.“ Mitnichten strebe die Ahmadiyya-Gemeinde weltliche Macht an. „Wir wollen verbreiten, dass der Islam eine friedliche Religion ist. Wenn wir von Herrschaft sprechen, geht es um die geistige Herrschaft“, betont der Imam. Und „unsere Frauen sind gleichberechtigt“, beteuert er. Im Brief an die Heinersdorfer heißt es, man setze sich sich „gegen Zwangsheiraten ein“ und verurteile „so genannte Ehrenmorde aufs Schärfste“. Die Heinersdorfer verstünden die Schriften, auf die sie sich beriefen, falsch, meint der Imam.

Was niemand bestreitet, ist, dass die Ahmadiyya von weltlicher Herrschaft, ob sie sie anstreben oder nicht, sehr weit entfernt sind: 30.000 Mitglieder gibt es in Deutschland, viele von ihnen Flüchtlinge aus Pakistan, wo die Ahmadiyya verfolgt werden. Fast alle anderen muslimischen Glaubensrichtungen erkennen die Ahmadiyya nicht an, sodass ihnen noch viel Missionsarbeit bleibt. Unbeobachtet werden sie dies in der ersten Moschee Ostberlins sicherlich nicht tun.