JÜRN KRUSE DER WOCHENENDKRIMI
: Leider der zweite Teil

Die NDR-Verantwortlichen erzählen immer wieder gern die Geschichte von dem zweiteiligen „Tatort“ damals. Taugt die Erzählung doch so schön, um Wünsche nach Experimenten im Keim zu ersticken. Damals war 2012. Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) ermittelte in Hannover. Ein totes Mädchen lag im Müll. Sie war eine Prostituierte. Getötet auf einer dekadenten Feier der niedersächsischen Schickeria. Organisiert vom Chef einer Rockerbande. Ein zweites Opfer, das schon im Abfall lag, überlebte. Und wurde zur wichtigsten Zeugin. „Wegwerfmädchen“ hieß der „Tatort“, an dessen Ende der Falsche im Knast landete. Ein Bauernopfer. Es war ein starker Film mit einem ungerechten Finale.

Zuletzt durfte NDR-Fernsehfilmchef Christian Granderath im Spiegel erzählen, was danach passierte: „Scheinbar hatte das Unrecht gesiegt. Manche Zuschauer hatten aber nicht mitbekommen, dass es eine Woche später den zweiten Teil geben würde, und waren entsetzt“, sagt Granderath. Hunderte Beschwerdebriefe und -anrufe sollen beim NDR eingegangen sein.

Dabei hatte der NDR ja längst mit „Das goldene Band“ den zweiten Teil in der Pipeline, der an diesem Sonntag wiederholt wird. Die Macher wissen um ihr konservatives Publikum. Blöd war und ist nur, dass der zweite Film deutlich schlechter ist als der so viel kritisierte erste Teil dieser „Tatort“-Doppelfolge. Denn um den entgleisten Fall wieder auf die Bahn der Gerechtigkeit zu schubsen, braucht es viele Wendungen und erzählerische Fantasie. Lindholm reist bis nach Weißrussland, um das Kind der einzigen Zeugin zu retten. Ist aber nicht so einfach. Denn da sind alle korrupt.

Ein spannendes Filmprojekt wird durch den zweiten Teil zum unglaubwürdigen Durchschnittskrimi. Hätten sie es doch bloß bei dem ersten Teil belassen. Wer das verfolgen will, sollte am Sonntag „Tatort“ schauen. Alle anderen dürfen Fußball gucken.

„Tatort“: „Das goldene Band“; So., 20.15 Uhr; ARD