Talabani: Urteil gegen Saddam endgültig

Nach einer Entscheidung des Berufungsgerichts soll der ehemalige irakische Diktator binnen 30 Tagen hingerichtet werden. Der laufende Prozess wegen Verbrechen an den Kurden soll dennoch fortgesetzt werden – auch ohne den Hauptangeklagten

BAGDAD/BERLIN ap/afp/dpa/taz ■ Für den irakischen Präsidenten Dschalal Talabani ist die Bestätigung des Todesurteils für Saddam Hussein endgültig. Die Entscheidung des Berufungsgerichts vom Dienstag müsse nicht mehr vom Staatsoberhaupt gegengezeichnet werden, sagte sein Berater Hiwa Osman gestern. Zuvor hatte es geheißen, das Todesurteil müsse noch von Talabani und seinen beiden Stellvertretern bestätigt werden. Eine neue Berufung ist nicht möglich. Das Urteil löste im Irak keine nennenswerten Reaktionen aus.

Der ehemalige irakische Diktator war am 5. November in einem umstrittenen Verfahren wegen Verbrechen gegen die Menschheit und seiner Verantwortung für die Ermordung von 148 schiitischen Einwohnern des Dorfes Dschubail in den Achtzigerjahren zum Tod durch den Strang verurteilt worden. Nach dem Urteil des Berufungsgerichts müsste Saddam Hussein binnen 30 Tagen hingerichtet werden. In einem Brief aus seiner Gefängniszelle in Camp Cropper, einem US-Militärgefängnis in der Nähe des Bagdader Flughafens, schrieb Saddam Hussein, er werde als „Märtyrer“ sterben. Menschenrechtler kritisierten das Urteil und forderten, die Todesstrafe nicht zu vollstrecken. Die US-Regierung sprach hingegen von einem „Meilenstein“ in der Geschichte des irakischen Volkes.

Laut Verfassung des Landes muss ein Todesurteil zur Unterzeichnung an die Präsidentschaft übermittelt werden. Talabani, ein Kurde, ist ein Gegner der Todesstrafe. Allerdings hat er in der Vergangenheit die Todesstrafe bei Mord hingenommen, indem er die Entscheidung an einen seiner Vertreter delegierte. Das Statut des Tribunals jedoch, vor dem sich Saddam Hussein und seine sechs Mitangeklagten verantworten mussten, sieht vor, dass seine Urteile endgültig sind und auch nicht vom Präsidenten aufgehoben werden können.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts löste zahlreiche Spekulationen darüber aus, wann und unter welchen Umständen die Hinrichtung Saddam Husseins erfolgt. Der irakische Justizminister Haschem al-Schibli wies darauf hin, dass sich die Hinrichtung wegen des islamischen Opferfestes, das voraussichtlich am 30. Dezember beginnt, verzögern könnte. Andere plädieren für eine schnelle Umsetzung des Todesurteils. Unklar ist auch, ob die Hinrichtung vorher angekündigt wird und ob Beobachter anwesend sein werden. Nach Angaben eines Beraters von Regierungschef Nuri al-Maliki haben sich bereits Hunderte von Irakern aus allen Bevölkerungsgruppen als Henker beworben. Bassam al-Husseini wies allerdings darauf hin, dass es offiziell keinen Henker gebe und die Regierung eine solche Position auch nicht ausgeschrieben habe.

Das Berufungsgericht hatte am Dienstag ganze fünfzehn Minuten gebraucht, um zu seiner Entscheidung zu kommen. Auch die Todesstrafe gegen zwei Mitangeklagte wurden bestätigt. Im Fall des ehemaligen Vizepräsidenten Taha Jassin Ramadan, der zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden war, sahen die neun Richter die Strafe als zu milde an und verwiesen ihn zurück an das Tribunal.

Saddam Hussein wird derzeit noch in einer anderen Angelegenheit der Prozess gemacht. Dabei geht es um die so genannte Anfal-Kampagne gegen die Kurden Ende der Achtzigerjahre. Der Angeklagte soll am 8. Januar das nächste Mal vor Gericht erscheinen. Bassam Ridha, Verbindungsmann der irakischen Regierung zum Tribunal, erklärte laut Washington Post, der Anfal-Prozess werde auch dann weitergehen, wenn Saddam Hussein hingerichtet sei. „Wenn Saddam Hussein tot ist, heißt das nicht, dass alle anderen freikommen“, sagte Ridha. B.S.