Abschied in die Provinz

LOKALKOLORIT In seinen ersten Ausstellungen als Direktor der Kunstsammlungen Böttcherstraße zeigt sich Frank Laukötter in jeder Hinsicht sparsam

Der Idee des „Frauenmuseums“ hat Frank Laukötter einen Bärendienst erwiesen

Es sind Frank Laukötters erste beiden Ausstellungen als neuer Direktor der Kunstsammlungen Böttcherstraße. Das ist durchaus der Zeitpunkt für programmatische Aussagen. Wenn die gestern parallel eröffneten Schauen „vis-à-vis“ und „Elisabeth Hausmann“ also eine Botschaft haben, dann ist es die: Wir sparen, wo wir können. An Ausstellungen, die hohe Versicherungssummen kosten könnten. Am Blick über den lokalen Tellerrand. An KünstlerInnen von Rang und Namen. Leider erweist er damit dem Konzept des Paula Modersohn Becker Museums (PMBM), ein „Frauenmuseum“ zu sein, einen Bärendienst. Jedenfalls aber den Künstlerinnen.

Elisabeth Hausmann (1881-1961) ist schon in dieser Stadt so unbekannt, dass sie nicht einmal in des Schwarzwälders großem Bremen-Lexikon eines Eintrags für würdig befunden worden wäre. Von anderem ganz zu schweigen. 60 Jahre ist es her, dass sie das letzte Mal ausgestellt wurde. Dass alles muss freilich noch nicht gegen sie und ihr Werk sprechen. Der 130. Geburtstag, der 50. Todestag, ja, er könnte ein guter Anlass sein, sie zu entdecken. Andererseits: Manch einer, eine wird auch zu Recht vergessen. Hausmannn gehört dazu.

Sicherlich: Sie, die in großbürgerlichen Verhältnissen aufwuchs und zu Beginn der Dreißigerjahre eine eigene Malschule eröffnete, ist handwerklich eine gute Malerin gewesen. Aber keine bedeutende Künstlerin oder gar Pionierin der Moderne. So wie etwa Elfriede Stegemeyer, der zuletzt im PMBM eine Werkschau gewidmet war. Zu sehr haftet ihrer Malerei die Orientierung am großen Vorbild an. Zunächst ist es die Porträtschule Rembrandts, später vor allem der französische Impressionismus, dann auch Ernst Ludwig Kirchner. Sich von all diesem zu emanzipieren, eine eigene Handschrift zu entwickeln – es gelingt ihr nie. Dass sie sich schließlich auch mit dem NS-Regime arrangiert, muss man ihr nicht vorwerfen. Aber es passt gut an einem Ort, der nachhaltig vom bekennenden Nationalsozialisten Ludwig Roselius und dem völkisch gesinnten Bildhauer-Architekten Bernhard Hoetger geprägt wurde.

Den Rest des PMBM und auch Teile des benachbarten Roselius-Hauses füllt Laukötter mit „vis-à-vis“, einer Ausstellung, die (zum Teil neu gehängte) Bestände mit Werken von zwölf zeitgenössischen KünstlerInnen kombiniert, die allesamt irgendwie Bremer sind. Darunter sind einige brillante Highlights, die neue Einsichten in Paulas Werk vermitteln, Norbert Schwontkowski etwa, aber auch einige, die es nur mit Glück und dank des Lokalkolorits ins Museum geschafft haben. Da hat die örtliche Kunstszene aber noch mehr zu bieten.

Frank Laukötter, der in der Bremer Kunsthalle arbeitete, bevor er, nach kurzem Intermezzo in Düsseldorf, in die Böttcherstraße wechselte, hat als Chef die Latte in vielerlei Hinsicht niedrig gehängt. Von dort aus lässt es sich leicht wachsen. Jan Zier

Bis 3. April