karin weiss
: Kontinuität der Integration

Auch wenn sie Professorin ist – einen akademischen Habitus hat Karin Weiss nicht. Die 55-Jährige, die am 1. Januar das Amt der Integrationsbeauftragten des Landes Brandenburg antritt, spricht eine Sprache, die man versteht. Hierarchischer Dünkel ist ihr fremd. Mit Studierenden diskutiert die Professorin für Sozialpädagogik an der Fachhochschule Potsdam genauso leidenschaftlich wie mit Fachkollegen, der Presse oder ehemaligen Vertragsarbeitern aus Vietnam. Deren Geschichte hat sie an der Fachhochschule erforscht, aus der sie zum Jahresende ausscheidet.

Die ehemalige Ausländerbeauftragte Almuth Berger war im Oktober nach 15-jähriger Amtszeit in den Ruhestand gegangen. Weiss wurde bereits im November offiziell in ihr Amt berufen, wollte aber ihre Studenten nicht von einem auf den anderen Tag sitzen lassen. Ab Januar zieht sie vom Campus der Fachhochschule in die Amtsräume der Landesregierung um.

1951 in Berlin geboren, studierte Karin Weiss Erziehungswissenschaft an der Freien Universität. Nach weiteren Stationen in Berlin und Tel Aviv wurde die Mutter eines Sohns 1993 Professorin an der Fachhochschule Potsdam. Das Thema Zuwanderer in den neuen Bundesländern brachte die Westfrau Weiss zu akademischen Weihen. Zu ihren bemerkenswertesten Ergebnissen ihrer Forschung gehört, dass Migrantenkinder in Ostdeutschland keinesfalls Problemschüler sind. In Brandenburg legen sie Weiss’ Forschungen zufolge sogar häufiger das Abitur ab als gleichaltrige Deutsche. Vor ihr hatte sich niemand die Mühe gemacht, das zu untersuchen – weil im Osten nur wenige Migranten zur Schule gehen.

Mit Karin Weiss deutet sich ein Stück Kontinuität zur Amtsvorgängerin Almuth Berger an. Berger, die Theologin aus der DDR-Bürgerrechtsbewegung, war eine gern gesehene Expertin auf wissenschaftlichen Konferenzen von Weiss. Und die Professorin gehörte dem Integrationsausschuss des Landes an, der die Integrationsbeauftragte berät. Kontinuität gibt es auch bei der Ansiedlung der Stelle im Sozialministerium. Forderungen aus der Opposition, das Amt in Zukunft in der Staatskanzlei oder beim Landtag anzusiedeln, waren nicht konsensfähig. Auch neue Kontroversen mit Brandenburgs Innenminister, dem CDU-Hardliner Jörg Schönbohm sind programmiert: Dem hatte Weiss schon im April im taz-Interview bescheinigt, er rede „über ein Problem, das es in Brandenburg nicht gibt“. Schönbohm hatte in der Diskussion um die Neuköllner Rütli-Schule Ausweisungen und Arrest für problematische Zuwanderer gefordert.

MARINA MAI