Berliner Mischung bereichert Europas Vielfalt

Die fünf Berliner EU-Parlamentarier bieten von der Kommunistin bis zum stramm konservativen Innenexperten alles

Die jüngste der fünf Berliner im EU-Parlament ist zugleich die bekannteste. Sahra Wagenknecht (37) sitzt für die PDS im Brüssler Plenum. Ihren hohen Wiedererkennungsgrad verschaffte der Frau mit der Hochsteckfrisur ihre Mitgliedschaft in der Kommunistischen Plattform, dem linkesten Forum der Linkspartei. Und ihr Nein zu so ziemlich allen Annäherungen ihrer Partei an die Realitäten des Regierungsalltags. Dafür belohnten sie ihre Genossen im Jahr 2004 mit dem Umzug nach Belgien.

Sylvia-Yvonne Kaufmann ist zwar Wagenknechts Parteifreundin, doch darüber hinaus haben beide wenig gemein. Während Wagenknecht die reine Lehre verficht, kritisiert Kaufmann nur einzelne Punkte der Europäischen Verfassung. Die 51-Jährige streitet seit 1999 für mehr Einfluss des EU-Parlaments. Im vergangenen Frühjahr war sie federführend an einem Entschließungsantrag beteiligt, der die mächtige EU-Kommission hindern sollte, bereits in erster Lesung beratene Gesetzentwürfe zurückzuziehen.

Der Grüne Michael Cramer hat sich in seinen zweieinhalb Jahren im Europäischen Parlament einen Namen als Verkehrspolitiker gemacht. In seinen 15 Jahren als Mitglied des Abgeordnetenhauses sorgte er für einen Radweg entlang dem Verlauf der Berliner Mauer. Heute will der 57-Jährige diese Idee auf europäischer Ebene fortsetzen: mit einem „Iron Curtain Trail“ vom nördlichen Eismeer bis ans Schwarze Meer. Seit 2006 fördert die EU den 6.000 Kilometer langen Radweg als „Beispiel sanfter Mobilität und als Symbol der Wiedervereinigung Europas“.

Neu im Europa-Quintett ist der CDU-Mann Roland Gewalt. Der 48-Jährige tauschte mit seinem Landeschef Ingo Schmitt nach der Bundestagswahl im September 2005 die Posten. Schmitt verließ nach sechs wenig nennenswerten Jahren in Brüssel das Europaparlament in Richtung Berlin. Das traf sich gut, hatte der stramm konservative Innenpolitiker Gewalt bei der Wahl doch sein Bundestagsmandat verloren. Als Nachrücker für Schmitt zog der Reinickendorfer ins Europäische Parlament ein. Wäre der Scherz an dieser Stelle nicht gar zu unvermittelt, ließe sich sagen: Gewalt ist manchmal doch eine Lösung.

MATTHIAS LOHRE