„Keine Bäder, kein Sex“

Frauen können zwar versuchen, eine Geburt fürs Elterngeld zu verzögern. Letztlich kommt das Kind, wann es will, meint Hebamme Monika Selow

INTERVIEW HEIDE OESTREICH

taz: Frau Selow, man hört, Schwangere würden sich erkundigen, wie sie ihren Geburtstermin beeinflussen können – um dadurch in den Genuss des Elterngelds zu kommen. Hören Sie das auch?

Monika Selow: Nein. Das scheint mir eher eine Idee der Medien zu sein. Es ist ja nur für einen kleinen Prozentsatz der Frauen relevant, die um den 31. Dezember ihren Geburtstermin haben.

Die können aber, wenn sie erst am 1. Januar gebären, bis zu 25.200 Euro mehr erhalten.

Aber auch die wissen: Es ist eine äußerst frustrierende Angelegenheit, den Termin hinauszögern zu wollen. Das geht eigentlich gar nicht. Man kann zum Beispiel einen Blasensprung nicht verhindern – und danach muss das Kind kommen, sonst bringt man es in Gefahr. Dieses Risiko wird keine Mutter und keine Hebamme eingehen.

Also wird es keinen Babyboom an Neujahr geben?

Es gibt Einzelfälle, in denen sich denken lässt, dass der Termin so festgelegt wird. Wenn man ohnehin einen Kaiserschnitt plant, dann plant man ihn vielleicht etwas später. Kaiserschnitte werden oft etwas zu früh angesetzt. Oder wenn ein Kind schon übertragen ist, dann überlegt man vielleicht, ob man die Geburt heute oder lieber morgen einleitet. Aber das werden die allerwenigsten Fälle sein.

Wenn nun eine Frau am 31. Dezember den Termin hat und Sie fragt, wie sie am sichersten auf den 1. Januar rutschen könnte: Was sollte sie machen?

Nichts.

Nichts?

Ja. Sich ruhig halten, wenig bewegen, viel liegen, kein Sex, keine warmen Bäder. Aber das ist auch schon alles. Wenn das Kind kommen will, dann kommt es.

Und wenn man das Kind noch dringend im alten Jahr bekommen möchte, weil man lieber das alte Erziehungsgeld will? Viel Treppensteigen?

Ich würde dazu nicht raten. Man kann unter Umständen bewirken, dass man Wehen bekommt. Aber das heißt nicht, dass das Kind auch früher kommt. Vielleicht hat man dann nur viel länger Wehen und versaut sich den Silvesterabend. Ich kann mir schon vorstellen, dass die Psyche eine Rolle spielt. Manche Kinder warten, bis der Vater von einer Reise zurück ist. Aber steuern können Sie das nicht.

Einfacher wäre, nicht die Geburt, sondern die Geburtsurkunde zu manipulieren.

Das macht keiner. Das ist Urkundenfälschung. Und man kann in Teufels Küche kommen. Wenn die Geburt in der Urkunde später terminiert wäre, dann würde ja eine Zeitspanne in der Dokumentation fehlen. Das wird schon aus Haftungsüberlegungen niemand machen. Die Eltern und das Kind würde diese Lüge ein Leben lang begleiten. Wer vergisst schon den tatsächlichen Geburtstag?

Der Familienministerin wird vorgeworfen, den Müttern mit dieser Stichtagsregelung Stress zu bereiten. Wie hätte sie es machen sollen?

Es wäre besser, wenn die Eltern zwischen Erziehungsgeld und Elterngeld wählen könnten. Dann würde jetzt nicht so ein Stress entstehen. Und für die ärmeren Frauen und Studentinnen wäre es sowieso besser, das Erziehungsgeld würde bleiben.