Der Checkpoint zum Kalifat

IRAK Isis-Milizen erobern weitere Städte im Nordwesten des Landes. Auch Kurden bauen ihr Einflussgebiet aus. US-Außenminister John Kerry startet Vermittlungsreise

BERLIN taz/rtr/afp/ap | Die Kämpfer der radikalislamischen Isis-Miliz bauen ihre Kontrolle über den Nordwesten des Irak weiter aus. Am Sonntag nahmen sie irakischen Militärkreisen zufolge in der Provinz Anbar drei weitere Städte ein. Die Sunniten-Miliz kontrolliert damit große Gebiete beiderseits der syrisch-irakischen Grenze.

Im Norden des Irak haben sich bereits neue Machtstrukturen verfestigt. An der Straße von der von Isis kontrollierten Großstadt Mossul nach Erbil, dem Sitz der kurdischen Regionalregierung, kontrollieren kurdische Peschmerga einen Grenzposten zum „Isis-Kalifat“. Auch die Peschmerga sind weit vorgerückt. Der Checkpoint liegt weit westlich des bisher von den Kurden kontrollierten Gebiets. Kurden und Isis-Milizen haben sich eingerichtet. Seit einer Woche ist es ruhig. „Wir greifen sie nicht an, und sie greifen uns nicht an“, sagte ein Grenzoffizier der taz.

Angesichts des Vormarschs der Dschihadisten schalten sich die USA verstärkt in den Konflikt ein. US-Außenminister John Kerry startete am Sonntag eine sechstägige Reise, die ihn von Kairo über Amman auch zur Nato in Brüssel führen wird. Auch in den Irak will Kerry reisen. Kerry wolle mit den „Partnern und Verbündeten“ darüber beraten, wie Sicherheit, Stabilität und die Bildung einer Einheitsregierung im Irak unterstützt werden könnten, sagte seine Sprecherin Jen Psaki. In Brüssel will Kerry an einem Treffen der Nato-Außenminister teilnehmen, in Paris sind Gespräche mit Partnern und Verbündeten aus der Golfregion geplant.

Der oberste geistliche Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, hat indes die USA in scharfen Worten vor einer Einmischung im Irak gewarnt. „Wir sind strikt gegen eine Intervention der USA und anderer in die inneren Angelegenheiten des Irak“, sagte Chamenei nach einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur Irna vom Sonntag. „Der Hauptkonflikt im Irak besteht zwischen jenen, die sich den Irak im US-Lager wünschen, und denen, die einen unabhängigen Irak wollen“, sagte Chamenei.

Die irakische Armee zog sich derweil aus den drei Städten al-Kaim, Rawa und Ana im Westen des Landes zurück. Ein Armeesprecher bezeichnete das als „taktischen“ Rückzug zur Vorbereitung einer „Umgruppierung“ der Soldaten. Laut Augenzeugenberichten war zumindest al-Kaim zuvor von Isis-Kämpfern eingenommen worden. Der strategisch wichtige Kontrollposten ist einer von drei offiziellen Grenzübergängen zwischen dem Irak und Syrien.

Angesichts der militärischen Erfolge der sunnitischen Aufständischen demonstrierten die Schiiten am Samstag in ihren Hochburgen mit Militärparaden ihre Entschlossenheit im Kampf. Im Bagdad paradierten Tausende bewaffnete Kämpfer der Miliz des einflussreichen Schiitenführers Muktada al-Sadr. GA

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