Skepsis gegen eine Hegemonialmacht Äthiopien

Der Einmarsch in Somalia stößt zunehmend auf Kritik. In der Region grassiert die Angst vor einem neuen Krieg am Horn von Afrika

BERLIN taz ■ Die Militärintervention in Somalia wird für Äthiopien zum diplomatischen Bumerang. Bis vor kurzem sah sich Afrikas stärkste Schutzmacht noch als Hüter der internationalen Ordnung am Horn von Afrika, Schutzmacht der „Übergangsregierung“ Somalias und von US-gestützter Vorkämpfer gegen vermutete Vorposten des internationalen Terrorismus in der Region.

Doch am Mittwoch brach der UN-Sicherheitsrat den zweiten Tag in Folge seine Beratungen über Somalia ab und vertagte sich auf unbestimmte Zeit. Durchsetzen konnten sich weder Katar, das in seine Erklärungsvorlage einen Rückzug Äthiopiens aus Somalia gefordert hatte, noch die USA, die dies streichen wollten. UN-Generalsekretär Kofi Annan schlug sich hinterher auf die Seite der Kritiker Äthiopiens: „Ich appelliere an die Nachbarländer, sich aus der Krise in Somalia herauszuhalten.“

Ähnlich kritisch äußerten sich in einer gemeinsamen Erklärung am Mittwoch die Afrikanische Union, die Arabische Liga und die ostafrikanische Regionalorganisation Igad. Nach einem Treffen in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba forderten sie den „Rückzug äthiopischer Truppen aus Somalia“ sowie aller anderen ausländischen Streitkräfte. Nötig sei „ein sofortiger und bedingungsloser Waffenstillstand“.

Unter den Regierungen der Region herrscht tiefes Misstrauen gegen jegliche Bestrebung Äthiopiens, sich zur Hegemonialmacht am Horn von Afrika aufzuschwingen. Die Krise in Somalia gesellt sich zu wachsenden Befürchtungen vor einem neuen Krieg zwischen Äthiopien und Eritrea. 1998 bis 2000 hatten sich die beiden Länder einen blutigen Grenzkrieg mit 80.000 Toten geliefert. Äthiopien erkennt allerdings einen danach erfolgten internationalen Schiedsspruch zum Grenzverlauf nicht an, und Eritrea hat jüngst Truppen in die UN-überwachte entmilitarisierte Zone an der Grenze geschickt. Mitte Dezember schlug Kofi Annan eine erhebliche Verkleinerung der derzeit 2.300 Mann starken UN-Mission vor.

So stehen die Zeichen am Horn von Afrika auf Sturm. Auch europäisches Militär ist betroffen. Von Dschibuti aus, wo Frankreich Europas größte Militärbasis auf afrikanischem Boden unterhält, überwacht ein multinationaler Flottenverband im Rahmen der Antiterroroperation „Enduring Freedom“ mit Seepatrouillen die somalischen Küstengewässer. Daran ist auch die Bundesmarine beteiligt. DOMINIC JOHNSON