Sorge vor Hunger

ERNÄHRUNG II 48 Länder fordern Maßnahmen gegen die weltweite Spekulation mit Lebensmitteln

BERLIN taz | Die Agrarminister von 48 Staaten haben an die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G 20) appelliert, sich gegen Missbrauch und Manipulation von Lebensmittelpreisen einzusetzen. Nach einer Konferenz am Samstag in Berlin zeigten sich die Ressortchefs in einer Erklärung „besorgt, dass exzessive Ausprägungen von Preisvolatilität und Spekulationen auf internationalen Agrarmärkten“ die Versorgung mit Nahrungsmitteln gefährden könnten. Zu den Ländern gehören unter anderem Frankreich, das gerade den G-20-Vorsitz führt, Deutschland und große Entwicklungsstaaten wie Kenia – aber nicht die USA.

„Der Weizenpreis hat sich innerhalb weniger Monate verdoppelt“, sagte der französische Agrarminister Bruno Le Maire auf einer Podiumsdiskussion am Rande der Grünen Woche. Die Folge könnten neue Hungerrevolten sein. An den Börsen, auf denen die Preise festgesetzt würden, „wird jedes Jahr das 15-Fache der weltweiten Getreideproduktion gehandelt“, erklärte Le Maire. Er hält das für zu viel.

Als Lösung forderte der Franzose vor allem mehr Transparenz. Derzeit wisse niemand, wie hoch die Vorräte an Soja, Mais und Weizen seien. Wenn diese Zahlen vorlägen, könnte das Preistreibern den Wind aus den Segeln nehmen.

Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) forderte „die Einführung von Preis- und Positionslimits“ für Spekulationsgeschäfte. Allerdings schränkte sie ein, dass dies nur international geschehen könne. Nicht einmal der EU-Rahmen sei ausreichend.

EU-Agrarkommissar Dacian Cioloș sagte zum Problem Spekulation: „Die Kommission ist der Meinung, dass man so vorgehen muss, wie Michel Barnier es für Finanztransaktionen vorgeschlagen hat.“ Binnenmarktkommissar Barnier hatte eine Steuer und härtere Strafen für Finanzdelikte verlangt. JOST MAURIN