RUDOLF BALMER ÜBER SARKOZYS „ABGABE AUF FINANZIELLE TRANSAKTIONEN“
: Nichts als Innenpolitik

Die Franzosen schätzen es, wenn ihr Präsident in der Welt auf die große Pauke der Moral haut, mit ehrgeizigen Projekten neue Horizonte eröffnet und das Prinzip Utopie über den kleinlauten Pragmatismus der Alltagspolitik stellt. Zumindest im Bereich der Ideen soll Frankreich eine Großmacht mit universellen Zielsetzungen bleiben.

Nicolas Sarkozys Vorschlag einer „moralischen und effizienten Abgabe auf finanzielle Transaktionen“ steht in der Tradition der „Flugticketabgabe“ seines Vorgängers Jacques Chirac oder auch der Forderung nach einem „Recht auf humanitäre Einmischung“ von François Mitterrand. Die Chancen auf eine multilaterale Durchsetzung sind gering, der Applaus zu Hause aber ist für solche Offensiven gewiss.

Dieses Jahr mit dem doppelten G-8- und G-20-Vorsitz ist für Sarkozy eine einmalige Chance für ein politisches Comeback. Er weiß noch gut, wie ihm der EU-Ratsvorsitz von 2008 bei seinen bereits enttäuschten Landsleuten eine zweite Sympathiewelle beschert hat. Auch ist der Zeitpunkt für ihn innenpolitisch ideal. Sarkozy muss dringend seine katastrophalen Umfragewerte verbessern. Versteht er es, sich als Choreograf auf dem internationalen Parkett ins Rampenlicht zu setzen, könnte ihm das gelingen – und seine Chancen erhöhen, 2012 als Staatschef wiedergewählt zu werden.

Und wenn man ihm dann im Wahlkampf die schreiende Diskrepanz zwischen seinen Versprechen von 2007 und dem Erreichten vorhalten wird, wird er sein Versagen sicher mit den Folgen der weltweiten Krise entschuldigen und auf seine wiederholten, aber von den Großmächten hintertriebenen Versuche hinweisen, das internationale System zu ändern. Die Bescheidenheit, mit der er hingegen im Voraus das Erreichbare relativiert, klingt aus seinem Munde ziemlich falsch.

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